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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 368
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Rudolf Post und Friedel Scheer-Nahor

Sein Familien-Idiom weicht von der Kippenheimer Ortsmundart in bestimmten
Eigenheiten ab, hat aber auch Gemeinsamkeiten mit ihr. Anders
als im Kippenheimer Ortsdialekt, wo man Huus und Fridig sagt, verwendet
er in diesen Fällen die standardnähere Aussprache Haus und Freidig. Dies
betrifft natürlich alle lautgeschichtlich vergleichbaren Fälle. Auch die für
das Alemannische typische ue und iä in Wörtern wie guet, Schuel ,gut,
Schule' oder wiä ,wie' kommen in Maiers Idiom nicht vor. Beim Hilfszeitwort
haben finden wir mir hen ,wir haben' sowohl bei Maier wie in Kippenheim
, während seine Aussprache bei er hol ,er hat' und ghet ,gehabt'
vom Kippenheimerischen abweicht, wo man er hed und ghaan sagt. Abweichend
von der Standardsprache und gemeinsam mit dem Kippenheimer
Ortsdialekt sind jedoch isch ,ist', mer ,wir', noo ,dann', gange .gegangen',
bekumme ,bekommen', ebbis ,etwas'. Hervorzuheben sind die Gemeinsamkeiten
bei genn ,geben' und du wursch ,du wirst', da es sich hier um
typische Ortenauer Dialekteigenheiten handelt. Auch lexikalischer Einfluss
ist festzustellen: In Maiers Wortschatz finden sich dialektale Wörter wie
Gitzüe ,Zicklein' und Gutsele ,Bonbon'.

Im Vergleich zur älteren jiddischen Vollmundart, wie sie Guggenheim-
Grünberg6 und andere für das Elsass7 beschreiben, kann man feststellen,
dass die a-Aussprache in Wörtern wie Flaasch ,Fleisch', drhaam Daheim
', laafe , laufen', kaafe , kaufen', glaabe .glauben' bei Mai er nicht vorkommt
. Eine Ausnahme hiervon finden wir in dem Wort Haulegraasch,
Holekreisch. Ebenso fehlt das Diminutiv-Plural-Suffix -lieh, z. B. Bliem-
lich ,Blümlein', das für diese ältere Sprachform typisch ist. Gemeinsam
mit dem überlieferten elsässischen Jiddisch sind jedoch Diphthongierungen
mit au aus älterem langem o: Brauche ,Segen', Charaute ,Reue',
Kaunem ,Kunden', Rauges ,Zorn', schaufei ,schlecht', Schlauschem .dreißig
'. Allen drei Sprachvarietäten, der jiddischen Vollmundart, dem alemannischen
Basisdialekt von Kippenheim und dem familiären Idiom von Kurt
Maier, sind folgende Merkmale gemeinsam: Die Entrundung von ö- und ü-
Lauten, wie in scheen ,schön', Kichle ,Küchle' und die Verdumpfung von
altlangen a-Lauten zu o: Obend , Abend', nooch ,nach' usw.

Das hier vorgestellte Kippenheimer Jüdischdeutsch steht also im Spannungsfeld
zwischen der alten jiddischen Vollmundart, dem alemannischen
Dorfdialekt und fränkischen8 bzw. neuhochdeutschen Spracheinflüssen.
Ob das Maiersche Familienidiom allerdings mit der Sprache der anderen
jüdischen Familien in Kippenheim völlig übereinstimmt, müsste noch gesondert
untersucht werden.

Glossar Kippenheimer Jüdischdeutsch

Das folgende Glossar bietet vor allem den Sonderwortschatz auf hebräischer
Basis in alphabetischer Reihenfolge; wo möglich, sind Beispielsätze


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