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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 395
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Wein, Wohltätigkeit und sozialer Aufstieg: Die Geschichte der jüdischen Familie Durlacher

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wurde aber auch gezeigt, wie wenig ihre inzwischen vollzogene Integration
in die Dorfgemeinschaft die in Kippenheim verbliebenen Familienmitglieder
davor schützte, von der nationalsozialistischen Vernichtungsspolitik
erfasst zu werden. Das Landjudendorf Kippenheim war für sie zur „tödlichen
Heimat" geworden.61

Wie bereits angedeutet werden mit der Familiengeschichte der Durlachers
mehrere noch offene Fragestellungen zur Geschichte des Ortenauer
Landjudentums angesprochen, so beispielsweise die Rolle jüdischer Geschäftsleute
im für die Region wirtschaftlich bedeutsamen Weinhandel, der
Umfang und Charakter jüdischer Stiftungsinitiativen, der ungenügend erforschte
Urbanisierungsprozess der Juden mit seinen Folgen für die Landgemeinden
sowie die Frage nach dem Eintritt von Landjuden in die akademischen
Berufe.

Schließlich liefert die Geschichte der Durlachers vereinzelte Hinweise
auf den Grad der Rückbindung von ins städtische Bürgertum übergewechselten
vormaligen Landjuden an ihre sozialen Wurzeln. Es wurde an anderer
Stelle schon vorgeschlagen, bei der Erforschung des südbadischen
Landjudentums mehr als bisher die Reflexionen und Wahrnehmungen der
Abkömmlinge dieser Kultur zu berücksichtigen und das jeweilige „Heimat
-Bild jüdischer Emigranten"62 mit hinzuzuziehen.63 Im geschilderten
Fallbeispiel sind verschiedene Hinweise darauf gegeben, dass sich einzelne
Mitglieder der Familie Durlacher auch nach ihrem Wegzug sehr mit ihrer
Herkunftsregion verbunden fühlten und diese trotz ihres neuen Lebensumfeldes
als bedeutsamen Teil der eigenen Identität betrachteten. Ob aber die
fortschreitende Auflösung der landjüdischen Lebenswelt im 19. Jahrhundert
von den Erben dieser Kultur tatsächlich so intensiv als Verlustgeschichte
wahrgenommen wurde, wie es von verschiedenen Seiten des Öfteren
in verklärender und vereinnahmender Weise ausgemalt wird, gilt es zukünftig
verstärkt zu erfragen.

Anmerkungen

1 Siehe die „Dokumentation über den Besuch der ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen
und Mitbürger von Kippenheim in der Zeit vom 6. bis 14. September 2003" (erhältlich
über den Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim e.V.). Der gleiche Befund gilt
für ein früheres Besuchsprogramm im Jahr 1990. Siehe „Dokumentation über den Besuch
ehemaliger jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in Kippenheim vom 22. Oktober
bis 28. Oktober 1990" (erhältlich über die Gemeindeverwaltung Kippenheim).

2 Siehe Stüde, Jürgen: Die Gedenktafel für die Kippenheimer Opfer des Nationalsozialismus
. In: Geroldsecker Land 42, 2000, 64-80.

3 Möglicherweise wäre die aus Kippenheim stammende und heute in New York lebende
Ilse Gutmann dazu zu befragen, deren Mutter Zerline Wertheimer eine geborene Durlacher
war. Ilse Gutmanns Großeltern Nathan und Paulina trugen demnach den Namen
Durlacher.


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