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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 454
(PDF, 123 MB)
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454

Gerhard Finkbeiner

Nachfolgend die Erklärung von Elsa Santo zur erhobenen Klage:

„Ich wurde von den Nazis verfolgt und 1944 in der Wohnung von Frau
Maria Sichting von der Gestapo verhaftet. Auf Fragen nach dem Haftgrund
wurde nur erklärt, dieser liege schon längere Zeit zurück, ich müsse
nur darüber nachdenken. So wurde ich ins KZ Ravensbrück verschleppt,
wo ich vom 24.11.1944 bis 28.4.1945 zusammen mit Frau Fischer und
Frau Waldkircher inhaftiert war. Ich war im Block 32 mit der Häftlingsnummer
95137 inhaftiert und benenne Frau Maria Sichting als Zeugin
meiner Verhaftung in ihrer Wohnung. Ich benenne für die Inhaftierung als
politisch Gefangene, Frau Emma Fischer, Euenheim, Amt Lahr, Muschelgasse
10, und Frau Frieda Waldkircher, Krenkingen bei Waldshut, als Mitgefangene
im KZ Ravensbrück, mit denen ich am 28.4.1945 der Hinrichtung
entkam.

Auch die Rückkehr aus dem KZ und mein sehr schlechter Gesundheitszustand
kann von den drei Frauen bezeugt werden. Im KZ wurde ich als
politisch Gefangene mit dem Roten Winkel gekennzeichnet, mit den politisch
Verfolgten in der Baracke untergebracht und zum Straßenbau eingesetzt
, bis ich regungslos zusammenbrach und nicht mehr konnte. Ich war
sehr geschwächt und herzleidend, hatte Bißwunden an den Beinen von den
Hunden der SS-Aufseher, die hin und wieder auf uns losgelassen wurden.
Die Bißwunden heilten nicht mehr zu, weil Behandlungen nicht durchgeführt
wurden. Danach wurden an mir medizinische Versuche durchgeführt,
bis sich an meinem ganzen Körper eitrige Geschwüre gebildet hatten.

Aus diesem Grunde habe ich 1946 einen Entschädigungsantrag an das
Finanzamt, Dienststelle für Vermögenskontrolle und Wiedergutmachung, in
Offenburg gestellt. Mein Antrag wurde nach einer Bearbeitungsdauer von
4 Jahren bewilligt und mit Datum vom 18.10.1950 zur Annahme empfohlen
, mir Entschädigung zu gewähren, an das Wiedergutmachungsamt
weitergeleitet. Am 28.8.1951 wurde ich auf das Amt bestellt, zur Anhörung
wurde gesagt. Eine Zahlung von Entschädigung könne erst nach Anhörung
erfolgen. Besonderen Wert legte das Amt auf die Erklärung, daß der Vater
meines Kindes aus dem Gerichtsgefängnis Offenburg entflohen und auf der
Flucht erschossen worden sei, und daß ich davon erst 1946 nach der Rückkehr
nach Grafenhausen erfahren hätte.

Weiter legte das Amt Wert auf meine Erklärung, daß der Haftgrund auf
dem Verhältnis mit dem Polen beruhe. Alle diese abverlangten Angaben
kamen mir sehr seltsam vor, doch ich konnte sie nicht richtig deuten. Ich
habe die mir in den Mund gelegten Angaben wehen Herzens unterschrieben
, um endlich Hilfe und eine Entschädigung zu bekommen, weil ich nicht
mehr weiter wußte, obwohl ich längst wußte, wie mir meine Mutter
schrieb, daß der Vater meiner Tochter in Handschellen abgeführt und ermordet
worden ist.


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