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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 472
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Gerhard Finkbeiner

„Die Rechtsweggarantie in Art. 19 Grundgesetz wurde in Ihrem Fall mit
Füßen getreten. Gerichtsverfahren wurden unterdrückt, gesetzliche Verweisungspflichten
missachtet. Außerdem wurden Ihre Mutter und Sie von den
Behörden - bewusst oder unbewusst - falsch beraten. Die Unkenntnis der
Behörden wird entschuldigt, Ihre angeblich eigenen sollen unnachsichtig
zum Verlust Ihrer Rechte führen. "

Wie formulierte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion
, Dieter Wiefelspütz, im Schreiben vom 8. September 2000 sein Empfinden
über die bundesdeutschen Behörden in der Wiedergutmachungsangelegenheit
Elsa Santo und ihrer Tochter Johanna?

„Ihr Schicksal und das Ihrer Mutter haben mich tief berührt und Ihr
Leidensweg durch die bundesdeutsche Gerichtsbarkeit erfüllt mich mit
Zorn und gleichzeitig mit Ohnmacht. "

Man erinnere sich: Dr. Eugen Gerstenmaier (CDU) wurde am 16. November
1954 Parlamentspräsident. 1969 erhielt Herr Gerstenmaier 280000 DM
Wiedergutmachung dafür, dass ihm unter den Nazis vorübergehend die
akademische Laufbahn verwehrt worden war.

Anmerkungen

1 Schreiben von Dieter Wiefelspütz an Johanna F., geb. Santo, vom 8. September 2000.

2 Eidesstattliche Erklärung von Frau Monika Koschinski vom 4. Oktober 1950 vor dem
Bürgermeisteramt Neustadt/Schw.

3 Wladislaw Maslyk wurde am 6. August 1940 vom Kriegsgefangenenlager Wildberg
nach Grafenhausen verbracht. Vom 8. August 1940 bis 30. November 1942 arbeitete
der polnische Zwangsarbeiter bei dem Landwirt Albert Santo in Grafenhausen. In den
Herbst- und Wintermonaten war W. Maslyk beim Forstamt Euenheim als Holzmacher
beschäftigt.

Dokumentiert ist Maslyks Aufenthalt in Grafenhausen u.a. durch eine Meldung des
Gend. Hauptwachtmeisters Faller vom Gend. Posten Kappel a.Rh. Am 30. Oktober
1940 berichtet dieser an den Landrat in Lahr:

„Am Mittwoch, den 30. Oktober 1940, gegen 7.45 Uhr, habe ich auf der Hauptstraße in
Grafenhausen den polnischen Zwangsarbeiter (ehem.poln. Kr.Gef.) Waldemar (Anm.
d. Verf.: richtiger Vorname ist Wladislaw) Maslyk, geb. am 11. September 1909 in Gli-
nik-Karzewski, wohnhaft und beschäftigt bei Landwirt Albert Santo, Grafenhausen,
Kirchstr. 18, auf einem Damenfahrrad fahrend angetroffen.

Maslyk erklärte, dass das Fahrrad seinem Arbeitgeber Santo gehöre und er nur einen
Brief zur Post gebracht habe.

Santo Albert erklärte auf Vorhalt, dass er wohl wisse, dass man den Polen kein Fahrrad
zum Fahren geben solle. Der Pole sei aber nicht auswärts gefahren und (der Unterzeichnete
) werde doch nicht glauben, dass der Pole aufs Feld läuft, wenn er (Santo) mit
dem Fahrrad hinaus fahre." (Staatsarchiv Freiburg, Bestand G 16/1 Nr. 755).

4 Wie sehr die Befürchtung von Frau Elsa Santo berechtigt war, beweist die Hinrichtung
des polnischen Landarbeiters Iwan Mronzek in Freiamt. Der Landrat von Emmendingen
erlässt am 14. Juli 1942 folgende Anordnung:


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