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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 478
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Marlin Ruch

und umgebracht. Mein Vater, mein Bruder und ich gehörten zu jenen 320
Häftlingen, die damals nicht ums Leben kamen.(...) Von Lublin wurden wir
nach Deutschland in das KZ Flossenbürg verbracht, wo wir in einem
Steinbruch arbeiten mußten. Hier wurde uns auch das KZ-Zeichen eintätowiert
. Ich bekam die Nummer 15699, mein Bruder 15 701, mein Vater
15 702. (...) Ende März 1945 wurde ein Transport von etwa 800 KZ-Häftlingen
zusammengestellt und nach Offenburg verschickt, darunter mein Vater
, mein Bruder und ich. Die Stadt Offenburg war bombardiert worden
und wir wurden eingesetzt, um Bomben zu entschärfen und die beschädigten
Bahngleise zu reparieren. Untergebracht waren wir in einem Lager
innerhalb der Artilleriekaserne in der Prinz-Eugen-Straße. Während mein
Bruder und ich außerhalb des Lagers bei der Arbeit eingesetzt wurden,
wurde mein Vater am 10.4.1945 krank und kam in die Krankenstube. Als
ich ihn am 12.4. bei der Rückkehr von der Arbeit wieder besuchen wollte,
fand ich ihn nicht mehr vor. Der Arzt sagte mir, er sei mit den anderen
Kranken zusammen in das Krankenhaus nach Offenburg verlegt worden.
Ein Häftling, der als Friseur tätig war, teilte mir jedoch mit, daß dies eine
Lüge sei. Die Kranken seien umgebracht worden und lägen noch im Keller.
Ich war so verzweifelt, daß mir alles egal war; ich stellte die zwei wachhabenden
SS-Leute zur Rede und sagte, sie hätten meinen Vater umgebracht.
Darauf schleppten sie mich ebenfalls in den Keller und zeigten mir einen
Berg von etwa 40 Leichen, die offensichtlich mit der Axt erschlagen worden
waren. Sie drohten mir, wenn ich noch ein Wort sagen würde, sei ich
als nächster dran. Es war mir nicht möglich, noch irgend etwas zu tun.
Kurz darauf wurden die blutüberströmten Leichen auf Leiterwagen geworfen
und auf den Offenburger Friedhof transportiert, wo sie einfach am
Zaun abgeladen wurden. Der Friedhofswärter hat sie dann einfach in ein
Massengrab gelegt."

Artilleriekaserne Offenburg: Außenstelle des KZ Natzweiler

Das Arbeitskommando, das im KZ Flossenbürg (Bayern) zusammengestellt
worden war, bestand ursprünglich aus 635 Häftlingen aus Belgien,
Italien, der Sowjetunion und Polen. Darunter waren auch Juden wie die
Nissenbaums, die die Liquidierung des Warschauer Ghettos überstanden
hatten, aber auch Zivilisten und Kriegsgefangene aus dem Westen Europas.
Am 22. März3 1945 hatte sich das Kommando Richtung Offenburg auf den
Weg gemacht, mehrere Tage dauerte die Fahrt, während der einige Häftlinge
bereits starben. Als der Zug Offenburg am 25. oder 26. erreichte, waren
weitere 12 Menschen gestorben.

Hier in Offenburg wurden sie also in der 1941 fertiggestellten Artillerie-
Kaserne in der Prinz-Eugen-Straße, einem Außenlager des elsässischen KZ
Natzweiler, untergebracht und von etwa 40 SS-Leuten bewacht.4 Zwei Ar-


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