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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 496
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Hermann Ebeling

in den Kessel, auf den Rost, in das siedende Fett, und hätten uns hier, in
den traulichen Fischerhütten, vielleicht mehr als billig angesiedelt, hätten
uns nicht die entsetzlichen Rheinschnaken nach einigen Stunden wieder
weggetrieben."

Zugegeben, die Rheinschnaken sind eine Plage, auch heute noch, aber
der Wasserteufel, von dem Mephisto spricht, hat noch grausamere Waffen
in seinem Arsenal, Hochwasser vor allem, das die Städte und Dörfer am
Rhein immer wieder heimsuchte.

Gerade einen Spaziergang von Sesenheim und seinem Pfarrhaus entfernt
liegt das Dorf Schirrhofen, in dem zu Beginn des 19. Jahrhunderts der
Schriftsteller Alexander Weill aufgewachsen ist. Diese kleine dörfliche
Welt wird zum Thema seiner Erzählungen - aber natürlich bricht auch das
mörderische Hochwasser über diese Welt herein: „Das Wasser stürmte flutend
und schäumend gegen (die) Häuser an. Es wuchs nicht langsam und
allmählich, sondern es stürmte plötzlich heran, woraus man wohl mit
Recht schloss, dass der Rhein irgendwo einen Damm durchbrochen habe.
Das Sturmläuten aus der Ferne schien dies zu bestätigen, und die Furcht
steigerte sich umso mehr, als niemand wußte, wo hinaus."

Vom Rhein - so heißt es zuvor in der Geschichte - fürchtete man nicht
eben viel, seit ihn Napoleon bei Thaluntenheim hatte eindämmen lassen.
Aber: Ehre, wem Ehre gebührt. Wohl hatte Napoleon eine kaiserliche
Rheinkommission gebildet, „le Magistrat du Rhin", aber die eigentlich
treibende Kraft saß wohl auf der anderen Seite des Rheins in Karlsruhe:
der Oberingenieur und Major Johann Gottfried Tulla. Irgend etwas muss
ihn mit unwiderstehlicher Kraft zum Wasser gezogen haben, etwas „Faustisches
" gewissermaßen, aber Tulla hätte es sicher weit von sich gewiesen,
mit jenem Magier und Schwarzkünstler in Verbindung gebracht zu werden.
Er war kein Zauberer, kein Himmelsstürmer, er war ein Organisator, ein
Pionier, ein „Schaffer", wie man hierzulande sagen kann.

Vorgezeichnet freilich war ihm ein ganz anderer Weg. Während des
Dreißigjährigen Krieges hatte der aus Holland stammende und in schwedischen
Diensten stehende Cornelius Tulla in Augsburg einen Sohn Justus
bei Pflegeeltern zurückgelassen, als die schwedischen Truppen weiterzogen
. Die Pflegeeltern lassen das Soldatenkind Theologie studieren, Justus
Tulla wird Pfarrer in Augsburg. Sein Sohn Johannes Tulla wird auch Pfarrer
in Augsburg. Der Erstgeborene der nächsten Generation heißt Johann
Gottfried Tulla und wird Pfarrer. Der Erstgeborene der nächsten Generation
(wir kommen jetzt ins 18. Jahrhundert) heißt Johann Gottfried Tulla
und wird Pfarrer im badischen Rötteln. Sein Sohn - wir ahnen es - heißt
Johann Gottfried und wird Pfarrer. Und jetzt kommt unser Tulla, geboren
in Karlsruhe 1770, Johann Gottfried bei der Taufe, Gymnasium mit dem
Ziel, die Familientradition fortzuführen, ein Johann Gottfried IV. wäre er
geworden, Pfarrer in der sechsten Generation.


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