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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
85. Jahresband.2005
Seite: 510
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Hermann Ebeling

Nach dem großen Aufräumen hatten jetzt die Geometer und Feldmesser zu
tun: „Es waren langwierige Verhandlungen über die Ansteckung des
Grenzzugs an Ort und Stelle durch das Gewirr der Rinnsale, Schiuten und
Kehlen der Altwasser erforderlich. Die Grenzsteine, welche meist ins
Überschwemmungsgebiet zu stehen kamen, wurden jeweils durch auf hochwasserfreien
Boden versetzte Rückmarksteine festgelegt und auf die Kirchtürme
der Ortschaften eingemessen" (Cassinone).

Tulla aber war derweil vermutlich schon wieder an einem anderen Ort,
den Rhein auf und ab, um regelmäßige und vergleichbare Messungen der
Pegelstände zu organisieren, auf und ab die Straßen des Landes, denn zu
seiner Direktion gehörte auch der Straßenbau, der jetzt ebenfalls in größerem
Maßstab organisiert werden musste; über den Rhein nach Straßburg,
um dort mit dem Magistrat du Rhin, später mit der Präfektur zu verhandeln
. Einmal - und es sei erzählt, weil es so wenig Persönliches über Tulla
zu berichten gibt - einmal hatte er sogar Contrebande dabei: Schmuggelware
, verbotene Literatur! In Johann Peter Hebels „Rheinischem Hausfreund
" auf das Jahr 1815 hatte Hebel erzählt, wie ein Wanderbursche auf
einer Brücke einem Priester mit dem Allerheiligsten begegnet und niederknien
will, zu seinem Entsetzen aber bemerkt, dass aus der anderen Richtung
auch ein Priester mit einem Allerheiligsten kommt: vor wem niederknien
? Wem den Rücken zukehren? Auf dem beigegebenen Holzschnitt
sieht man, wie einer der Priester das Dilemma erkennt und mit der Hand
zum Himmel weist: vor dem dort oben soll er niederknien! In dieser Hinsicht
verstand die katholische Kirche aber überhaupt keinen Spaß, der Kalender
wurde eingezogen, Hebel gab sein Amt als Kalendermann auf. Tulla
aber brachte einige Exemplare des verbotenen Objekts zu Hebels Freunden
nach Straßburg. Das ist sicherlich der einzige Fleck auf seiner staatsbürgerlichen
weißen Weste.

Doch was wiegen diese paar verbotenen Kalender, die Tulla nach
Frankreich gebracht hat, gegen die Idee der Ecole Polytechnique, die er
aus Frankreich in das Großherzogtum Baden bringen konnte. 1807 hatte
Tulla in Karlsruhe eine „Bildungsanstalt für Ingenieurs" gegründet und dafür
eine Mathematikprofessur an der Heidelberger Universität ausgeschlagen
. Aber es dauerte noch fast zwei Jahrzehnte, bis diese Ingenieurschule
Tullas mit der Bauschule des Architekten Friedrich Weinbrenner und anderen
Fachschulen zu einer „Polytechnischen Schule" zusammengelegt wurde
. 1825 war damit Deutschlands erste Technische Hochschule entstanden.

Tulla und Weinbrenner: das wäre fast ein eigenes Kapitel. Die beiden
mochten sich offenbar nicht - ewiger Gegensatz vielleicht zwischen Technik
und Kunst. Da hatte der Architekt Weinbrenner einen Zeitungsartikel
über Tullas Rektifikationspläne für den Rhein geschrieben und empört
schreibt Tulla an seinen hessischen Kollegen: „Des Herrn Oberbaudirektors
Weinbrenners Aufsatz über die Rektifikation des Rheins kenne ich


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