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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 26
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Uwe Schellinger/Gerhard Mayer

merkbar. Beispielhaft wird von der Heilung einer 89-jährigen Hamburgerin
berichtet. Ein Bild zeigt eine Patientin des „Wunderheilers", ein weiteres
Josef Weber im Lahrer Waisenhaus mit dem am vorigen Tag erwähnten
Spielzeug. Der „Wunderheiler" steht zwar wieder in Gänsefüßchen, doch
die Frage nach der Natur der „Wunder" scheint nicht mehr von besonderer
Relevanz. „ Wunder hin, Wunder her", heißt es nun.

Jetzt wurde eine Pause in der Berichterstattung eingeschoben. Zwei Wochen
später, am 31. Januar, kam es zu einer Art Bestandsaufnahme. Es handelt
sich um einen kritisch angehauchten Bericht mit der Überschrift „Schon
4000 Leute hat der , Wunderheiler' berührt... und viel, viel Geld dafür kassiert
". Weber hat nach wie vor sehr großen Zulauf. Zwei Berichten über angebliche
Heilungen bzw. Besserungen werden zwei uneffektive Behandlungen
gegenübergestellt, eine davon in fettgedruckten Lettern. Weiterhin gibt
es einen Hinweis auf den bevorstehenden Zwangsversteigerungstermin für
Webers Haus, der inzwischen aufgehoben wurde. Der Bericht schließt folgendermaßen
: „Ob's hilft oder nicht hilft, Herr Weber macht weiter. ,Für
mich gibt's kein Zurück mehr', sagt er. Ein Zurück ans Steuer der Planierraupe
hieße auch: wieder nur 1400 Mark netto im Monat

Ein letztes Mal wurde über Weber am 20. März in einer Nachricht anlässlich
seiner Geburtstagsfeier - er wurde 29 Jahre alt - berichtet. Der an
sich neutral geschriebene Artikel ist von ironischen Tönen durchdrungen.
Wieder ist der neu erworbene Reichtum das Hauptthema. Ferner glaubt
Weber inzwischen, neben der Heilkraft weitere außergewöhnliche Fähigkeiten
zu besitzen, etwa das Wetter beeinflussen oder sich mit Uri Geller
durch Telepathie verbinden zu können. BiLD-Reporter Plogmann zitiert dazu
den „Wunderheiler": „Ich will Ihnen mal was erzählen [...] das ganze
Gerede um den Uri Geller ist Quatsch. Ich hab mich nämlich telepathisch
mit ihm unterhalten und ihm immer gesagt, wann er die Löffel verbiegen
sollte. Niemand im Saal lachte laut - denn Herr Weber hatte alle zu Schnitzel
mit Spätzle, Wein und Bier eingeladen."

„Beihilfe zum Betrug"?

Man sieht in den erschienenen Artikeln deutlich die Ambivalenz in der
Position des berichtenden Reporters. Dieser baut einerseits die Story in
Form einer daily soap auf, schmückt diese mit Enthüllungen und guten
Taten und will sie möglichst lange und damit verkaufsfördernd am Leben
erhalten. Gleichzeitig hat er aber den Anspruch, keineswegs nur unkritisch
über den Fall zu berichten und äußert sich deshalb immer wieder in
skeptischer Tonlage.

Einen in seiner Entwicklung frappierend ähnlichen Fall hat der Journalist
und Schriftsteller Günter Wallraff 1981 in seinem BiLD-Handbuch beschrieben
.60 Wallraff arbeitete 1977 unter einem Pseudonym als Redakteur


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