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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 27
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Webers Hände: Wirken und Wirkungen des „ Wunderheilers von Schutterwald"

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für die BiLD-Zeitung in Hannover, um die journalistischen Methoden des
Blattes zu untersuchen. Einer der Vorwürfe, die Wallraff in der Folge erhob
, lautete, Bild würde systematisch „Scharlatane" bei ihrer Arbeit aufbauen
und unterstützen. Als einen Beleg lieferte er die Geschichte um den
„Wunderheiler Josef mit der hohlen Hand", womit Wallraff den in Saarbrücken
tätigen Heiler Josef Müller und dessen öffentliches Bekanntwerden
im August 1979 meinte. Neben dem - zufällig - gleichen Vornamen
und der Tatsache, dass sich Bild der Sache angenommen hatte, gibt es
weitere verblüffende Parallelen zwischen den beiden Fällen: der enorme
Zulauf an Hilfesuchenden, den die Berichterstattung (inklusive des Abdrucks
der Adressen der „Wunderheiler") mit sich brachte, der Verweis der
„Wunderheiler" auf Eingebungen aus dem transzendenten Bereich, die das
heilerische Handeln legitimieren sollen, das massive Ansteigen der Honorarsätze
, das die gesteigerte Nachfrage begleitete und der Konflikt mit dem
Gesetz, in den beide mit zunehmendem Erfolg sehr bald gerieten und der
in beiden Fällen innerhalb von drei Jahren zu einer Verurteilung führte.

„Beihilfe zum Betrug" und zwar „in enger Komplizenschaft", wie dies
der BiLD-Zeitung von Wallraff in diesem Fall vorgeworfen wurde61, wird
man im Fall Weber allerdings kaum konstatieren können. Während der
saarländische Heiler Josef Müller Wallraff zufolge von Bild regelrecht
„aufgebaut" worden war, kann man das bei Josef Weber nicht mit eindeutiger
Bestimmtheit sagen. Zwar waren auch hier die Meldungen und Berichte
zahlreich, doch wurden schon im zweiten der erschienenen Artikel
Relativierungen - beispielsweise in Form von Gänsefüßchen - vorgenommen
. Weiterhin wurde im Laufe der Berichterstattung auf kritische Expertenstimmen
nicht verzichtet. Dennoch liegt es auf der Hand, dass ohne
eine solche gezielte und fortgesetzte Thematisierung der „Wunderheiler"-
Story durch das Massenblatt Bild der massenhafte Zulauf zu Josef
Webers „Wunderheiler"-Praxis mit all seinen Folgen sicherlich ausgeblieben
wäre.

Weitere Pressereaktionen

Artikel zu Weber erschienen in zahlreichen weiteren Blättern. Publikumszeitschriften
wie Der Spiegel oder die Bunte folgten der Berichterstattung
in der BiLD-Zeitung nach.62 Die lokale Presse war zunächst zögerlich in ihrer
Berichterstattung. Im Offenburger Tageblatt erschien erst am 26. Januar
1974 ein ausführlicher Artikel über die Ereignisse in Schutterwald, in
dem eine durchgängig skeptische Sichtweise über solcherlei „Randgebiete
der Heilkunde" vertreten wurde. Man war um Objektivität und um die eigene
„Chronistenpflicht" bemüht: „Wir möchten hier nichts ausschließen,
wir möchten versuchen darzustellen, was sich zur Zeit tut." Gleichzeitig
versuchte man, sich vom Boulevardjournalismus Marke Bild abzugrenzen:


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