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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 126
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Ralf Bernd Herden

Dort wirkte er vom November 1939 bis Januar 1941 im Häftlingsrevier
im Rang eines SS-Untersturmführers (entspricht dem Leutnant der Wehrmacht
) als 2. Lagerarzt. Es bleibt anzumerken, dass er neben der medizinischen
(Not-)Approbation auch den Abschluss der SS-Junkerschule Bad
Tölz vorweisen konnte.7 Ob Wagner dann gleich bei Dienstantritt ins richtige
Milieu geriet, als am Tag nach dem fehlgeschlagenen Bürgerbräukeller-
Attentat des Schreiners Georg Elser auf Hitler (am 8. November 1939) im
KZ Buchenwald von SS-Angehörigen wahllos 21 Juden ausgesondert und
in einem nahen Steinbruch ermordet wurden8, muss dahingestellt bleiben.

Dass es in Deutschland Konzentrationslager gab, war spätestens seit
dem ausführlichen Bericht im „Illustrierten Beobachter" (erschienen natürlich
im Zentralverlag der NSDAP Franz Eher Nachfolger München) vom
3. Dezember 1936 klar. Wie es dort wirklich zuging, war allerdings nur
über die „Gerüchteküche" allgemein bekannt ... Doch selbst im „zoologischen
Garten der Judenkäfige"9 hatte beispielsweise Victor Klemperer am
29. Oktober 1933 von den Misshandlungen Erich Mühsams im KZ10 erfahren
, und dies leider so zutreffend beschrieben: „Ich glaube, wo künftig das
Wort Konzentrationslager fallen wird, da wird man an Hitlerdeutschland
denken, und nur an Hitlerdeutschland."11

Und selbst in lokalen Blättern, wie dem „Berchtesgadener Anzeiger",
drohten „Politische Leiter" wie jener der NSDAP-Ortsgruppe Berchtesgaden
, Brehm, in Anzeigen ganz offen damit, dass „diese Schädlinge ins
Konzentrationslager Dachau verbracht werden müssten."12

Wagner widmete sich sofort der im KZ Buchenwald ausgebrochenen
Fleckfieberseuche, betätigte sich aber auch dadurch, dass er Häftlinge im
Baderaum des Sanitätsreviers zu Tode spritzte - an manchen Tagen mehr
als 20 Opfer. Für diese „Abspritzungen" ließ sich Wagner aus Berlin per
Sonderanforderung ein ganz spezielles Narkosemittel liefern. So rottete
Wagner fast alle der im Lager inhaftierten, burgenländischen Sinti und Roma
aus.13

Neben diesem mörderischen Tatendrang nutzte Wagner auch die Gelegenheit
, im KZ Buchenwald mit seinen pseudowissenschaftlichen Bestrebungen
die Erlangung der medizinischen Doktorwürde zu verfolgen.

In einer Zeit, in welcher Soldaten aller Nationen an allen Fronten den
Kriegstod fanden, und ethisch aufrechte Ärzte und Sanitäter an allen Fronten
die Leiden ihrer Mitmenschen zu lindern versuchten, widmete sich der
Nazi-Mediziner Wagner aus „wissenschaftlicher Sicht" einem Phänomen,
welches wohl gesellschaftlich stets umstritten war und es auch heute noch
ist: Er setzte sich mit der „Tätowierungsfrage" auseinander.

Tätowierungen, besser: Tatauierungen, hatten ursprünglich nicht nur dekorative
oder ästhetische Gründe, sondern auch rituelle, magische oder soziale
, ja selbst medizinische Ursachen.14 Die höchste Perfektion erlangte


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