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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 132
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Ralf Bernd Herden

Prozesses gestanden, wurden Wagner doch auch die bereits erwähnten Tötungsverbrechen
im Winter 1939/1940 zur Last gelegt. Wagner gilt als einer
der ersten KZ-Ärzte im KZ-Buchenwald, welche Kranke mittels Injektionen
ermordeten.42 Hierzu sagte der deutsch-jüdische politische Häftling
Ludwig Scheinbrum, Häftlingsnummer 2765, aus: „Der SS-Untersturmführer
Dr. Wagner, Lagerarzt im Jahre 1939, schickte oft jüdische Häftlinge
, die in Revierbaracke 2 gelegen waren und bei denen die Heilung zu
lange dauerte, ins Hauptrevier, wo die Betreffenden abgespritzt wurden. "43
Für die medizinischen Qualitäten Erich Wagners sind wiederum die
Worte des Häftlingsarztschreibers Paul Grünewald entlarvend: „Er wurde
dem Häftlingsrevier als 2. Lagerarzt zugewiesen. Ein ausgesprochener
Ehrgeiz war für ihn kennzeichnend. In der Behandlung der Häftlinge, zu
der er sich im Gegensatz zu den anderen SS-Ärzten drängte, ergab sich,
dass er und damit natürlich auch die Häftlinge auf ihre Art fürchterliches
Lehrgeld zahlen mussten."

Wagner und die weiteren KZ-Ärzte befanden sich „in guter Gesellschaft"
z. B. mit dem SS-Sturmbannführer und Anatomen August Hirt, welcher
bekanntermaßen als „Leiter des Instituts für Wehrwissenschaftliche Forschung
" an der „NS-Kampfuniversität Straßburg" nicht nur Giftgasversuche
an Häftlingen des KZ's Natzweiler vornahm, sondern auch im August
1943 (sie wurden dazu eigens von Auschwitz nach Natzweiler geschafft
und dort ermordet) mindestens 86 Juden ermorden ließ,44 um seine Opfer
dann als Objekte „widerlichen Untermenschentums" später im Rahmen
seiner „Skelettsammlung" zur Schau stellen zu können.45

Auch Hirt entzog sich übrigens seiner Verantwortung durch Selbstmord,
genauso wie Ernst Grawitz46 (welcher schändlicherweise auch noch „Geschäftsführender
Vizepräsident" des Deutschen Roten Kreuzes war), der
als „Reichsarzt SS" für die Menschenversuche in sämtlichen Konzentrationslagern
verantwortlich zeichnete,47 und Hirts Assistent, der SA-Sanitätsscharführer
Karl Wimmer, der am anatomischen Institut Straßburg eifrig
bei den Giftgasversuchen mitgewirkt hatte.48

Und auch der „Chefarzt aller Konzentrationslager", Enno Lolling,49 geboren
1888 in Köln, welcher in Buchenwald die Verantwortung für die
Herstellung menschlicher Schrumpfköpfe trug, setzte seinem Leben selbst
ein Ende. Makaber hieran ist, dass auch Engländer bester Kreise vor ähnlichen
Bestialitäten nicht zurückgeschreckt sind: Nachdem Lord Kitchener
zu Anfang des 20. Jahrhunderts im Sudan den Mahdi-Aufstand niedergeschlagen
hatte, ließ er sich als Souvenir aus dem Schädel des toten Mahdi
ein Tintenfass fertigen.50 Einziger Unterschied: Man musste lediglich die
Totenruhe stören und zwecks Tintenfasserlangung den bereits verstorbenen
Mahdi wieder ausgraben ...


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