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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 182
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Angelika Stüwe

Die Blutegelzucht von Michael Schütterle in Dorf Kehl

Wie Blutegel damals gehalten wurden, schildert der Dorf-Kehler Pfarrer
Ludwig Dorn (1833-1849) in einem Bericht vom 17. Februar 1841, der
1842 im „Landwirthschaftlichen Wochenblatt für das Großherzogthum Baden
"2 erschien. Darin beschreibt er die Blutegelzucht von Michael Schütterle
IV. (3.7.1815-24.8.1885), der im Bürgerbuch der Gemeinde Dorf
Kehl als „Fischer und Blutegelhändler" eingetragen ist.3

Dieser Dorf-Kehler hatte auf seinem Grundstück in der heutigen Fabrikstraße
neben der späteren Hutfabrik Rehfus zwei bis neunzig Zentimeter
tiefe Blutegelweiher angelegt. Den Boden der Teiche bildete eine feste
Kiesschicht, darauf kam eine Lage Lehm und zuletzt etwas Schlamm aus
der Schutter. Die Schlammschicht musste alle zwei bis drei Jahre erneuert
und vor allem im Herbst vom abgefallenen Laub gesäubert werden, da der
Medizinische Blutegel unreines Wasser mit Faulschlamm meidet. Um zu
verhindern, dass die Egel entwischten, zog Michael Schütterle um die Weiher
viereinhalb Fuß (1,35 Meter) hohe Dämme und bepflanzte die Ränder
mit zwei winterharten Ufer- und Sumpfpflanzen: mit Wassersüßgras (Gly-
ceria aquatica oder Wasserschwaden), dessen kriechende Wurzelstöcke
halfen, die Böschung zu befestigen, und mit Kalmus (Acorus calamus oder
Deutscher Ingwer), einer anspruchslosen, grasartigen Staude aus der Familie
der Aronstabgewächse. Dem Kalmus sprach man stark wasserreinigende
Kräfte zu. Heute weiß man, dass der duftende Wurzelstock neben ätherischen
Ölen, Stärke, Harz und Vitamin C u. a. mit dem ä-Asaron tatsächlich
antibiotisch und schmerzstillend wirkt, aber wahrscheinlich auch toxische
und karzinogene Eigenschaften besitzt. Steine und Pflanzen dienen
Blutegeln nicht nur als Versteck, sondern helfen ihnen auch, ihre Häute regelmäßig
abzustreifen.

Das Wasser erhielten die Teiche durch eine Zuleitung „vom Schutter-
mühlbach, welcher zwischen Dorf Kehl und dem Kinzigdamme fließt"4.
Der größere, im Grasgarten gelegene Weiher, der 94 Fuß (28,20 Meter)
lang und 40 Fuß (zwölf Meter) breit war, wurde zur Zucht verwendet. Zwischen
Mai und August laichten die Egel. Diese Zwitter, die sich wechselseitig
begatten, legten ihre in eicheiförmigen Kokons eingeschlossenen
Eier vier bis fünf Zoll (zwölf bis fünfzehn Zentimeter) tief in den Boden
oder die Seitendämme. Nach etwa einem Monat schlüpften die weißen, etwa
10 bis 20 Millimeter langen Jungen - zwischen sechs und zwölf Stück
pro Egel. Sie versteckten sich in den kahnförmigen Blättern der Glyceria
und im Kalmus, bis sie nach zwei Monaten ihre Färbung erhielten. Die europäischen
Medizinischen Blutegel zeigen unterschiedliche Farbvarianten
und Rückenmuster: Der gewölbte Rücken ist dunkelolivgrün bis grünbraun
gefärbt, mit rostbraunen, dunkelgefleckten Längsstreifen. Die hellere,
schmutzig-grüngelbe, abgeplattete Unterseite weist wolkige, schwarze Fle-


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