Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 190
(PDF, 120 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2006/0190
190

Angelika Sliiwe

de zum größten Teil über die Nieren ausgeschieden, während intravenöse
Thrombininjektionen tödlich wirken können.

Die Isolierung dieser Substanz erwies sich allerdings als recht aufwendig
: bis zu siebzig Blutegel wurden gebraucht, um ein Milligramm Hirudin
zu erhalten. So wurde der Wirkstoff bis in die 1980er Jahre nur wenig klinisch
getestet, sondern meist äußerlich angewendet. Beispielsweise werden
bei Blutergüssen, Venenentzündung oder Hämorrhoiden Salben mit Blutegelextrakt
unterschiedlicher Konzentration (z. B. 500 oder 750 ATE -
Antithrombin-Einheiten) mit gutem Erfolg verwendet. „Diese Salben und
Gels können natürlich nicht das ursprüngliche Wirkungsprinzip der Blutegel
-Therapie ersetzen. Aber in der ersten Phase einer Erkrankung — als
Erste Hilfe - und in der Nachbehandlung helfen sie den Patienten sehr. "22

In den letzten beiden Jahrzehnten konnte die Wissenschaft weitere ge-
rinnungs- und entzündungshemmende Substanzen im Speichel des medizinischen
Blutegels identifizieren: Calin, Egline, Bdellin, Apyrase, Kollagenase
, Destabilase und Piyavit. Erst im Zusammenspiel mit Histamin und
Hirudin scheinen sie ihre volle Wirkung zu erzielen. Da die Behandlung jedoch
zeit- und kostenaufwendig ist, wird sie nur noch von einigen Heilpraktikern
und Rheumakliniken angeboten. Eine Umfrage in Kehler Apotheken
Ende 2005 ergab folgende Ergebnisse: Ein Medizinischer Blutegel
kostete zwischen 2,50 und 4,00 Euro. Die Verkaufszahlen schwankten zwischen
„sehr, sehr selten" und maximal elf Exemplaren in zehn Monaten.
Käufer waren Heilpraktiker und Privatkunden, die sich schon einmal
mit Blutegeln hatten behandeln lassen. Die Kosten muss der Patient selber
tragen.

Zudem ist es nicht jedermanns Sache, sich an Bein, Nacken oder Kreuzbein
Blutegel ansetzen zu lassen. In diesem Fall wird man sich für andere
Therapieformen entscheiden. Da es darüber hinaus immer noch an klinischen
Studien fehlt, die die Wirksamkeit der Egel-Therapie gesichert nachweisen
, empfiehlt die Stiftung Warentest: „Blutegelbehandlung ist bei
oben genannten Beschwerden [rheumatischen Entzündungen, Schwellungen
, Venenentzündungen mit Thrombosen, Stauungen in Venen und
Lymphgefäßen, Migräne, Anm. d. Verf.] nur empfehlenswert, wenn andere
Behandlungsmethoden nicht helfen. Bei anderen Erkrankungen ist von ihrem
Einsatz abzuraten. "23

Übrigens: 1984 wurde die Molekularstruktur des „reinen" Antithrombins
Hirudin (C30 H«) O20 Ns ) aufgeklärt. Noch im gleichen Jahr gelang
es, synthetische Hirudin-Gene in das Bakterium Escherichia coli einzupflanzen
und es zur Herstellung von Hirudin zu aktivieren, d. h. zu klonen.
1986 stellten sich Hefezellen (Saccharomyces cerevisiae) als noch vorteilhaftere
Wirte heraus. Bis 1991 haben schließlich zwölf europäische Phar-
makonzerne Patente zur gentechnischen Herstellung von Hirudin angemeldet
, wobei nur noch drei teilweise Blutegel verwenden.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2006/0190