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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 192
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Angelika Stüwe

Versuche über die Physiologie des Nervensystems und des Muskeltonus.
Es wird beobachtet, wie Blutegel auf chemische Substanzen reagieren, wie
sie sich fortbewegen oder wie viel Blut sie aufnehmen können bis hin zu
einfachen Lernexperimenten. Oder hier ein Beispiel aus der Arzneimittelforschung
: An der Universität Gießen wurde ein neues Medikament (Ben-
zamil) zur Linderung der Mukoviszidose zunächst an Blutegelhaut getestet
, bevor es Testpersonen ausprobieren durften.

Bei Mukoviszidose-Patienten arbeiten die schleimproduzierenden Zellen
fehlerhaft. „Der zähe Schleim verstopft nicht nur die Lungen, behindert
das Atmen und ist ein ständiger Herd für vielerlei Infektionen. Auch an anderen
Organen führt der Schleim zu Beschwerden und Organschäden und
damit auch zum frühen Tod. "24

Tierphysiologen der Universität Gießen haben nun herausgefunden,
dass sich die Schleim ausscheidende Haut des Blutegels genauso verhält
wie menschliches Gewebe der Atemwege in Nase, Luftröhre oder Lungen.
Für den Test genügt ein pfenniggroßes Stück Egelhaut, bei dem in einem
so genannten Faraday-Käfig (der gegen äußere elektrische Felder abgeschirmt
ist) der Ionenfluss gemessen wird: „Eine gesunde Zelle nimmt von
der einen Seite ständig Chlorid-Ionen auf und schleust sie über bestimmte
Kanäle nach außen zur schleimüberzogenen Seite. Gleichz.eitig fließen Natrium
-Ionen in entgegengesetzter Richtung. Das an den Ionen haftende
Wasser sorgt dafür, dass der Schleim immer flüssig bleibt - wenn sich das
System im Gleichgewicht befindet ... Bei Mukoviszidose-Kranken laufen
die Ionenflüsse nicht mehr ordnungsgemäß ab. Der Grund: Durch den
Gendefekt ist der obere Kanal verschlossen: die Chlorid-Ionen mit ihrem
Wassermantel können nicht nach außen fließen. Den (schleimbefeuchteten)
Atemwegen werden (durch den Gendefekt) noch zusätzlich Natrium-Ionen
und Wasser entzogen. Die Folge: es bildet sich zäher, dicker Schleim, der
die Bronchien lebensbedrohlich verstopft".25

Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es Medikamente (z. B. Amilorid), die
den Schleim verflüssigen. Die Patienten müssen aber täglich mehrmals inhalieren
und den Schleim abhusten. Die neue Substanz Benzamil „blockiert
den Natriumkanal und verhindert so, dass den Atemwegen noch zusätzlich
Wasser entzogen wird. Der Schleim verflüssigt sich und fließt wieder
ab".26 Messungen am Blutegel und an menschlichen Zellen haben gezeigt
, dass Benzamil deutlich länger wirkt (bis zu zehn Stunden), d. h. die
Patienten bräuchten nur zweimal am Tag zu inhalieren. „Doch noch ist
dies Grundlagenforschung, denn Benzamil ist nicht zugelassen. Einzig an
der Nasenschleimhaut von Freiwilligen darf das Mittel bisher getestet werden
- nur zu Forschungszwecken. Fest steht: auch in 1.000-fach geringerer
Konzentration erzielt es die gleichen Ergebnisse wie das üblicherweise eingesetzte
Amilorid ... Die Erkenntnisse der Gießener Physiologen versprechen
keine Heilung, doch sie eröffnen neue Behandlungskonzepte. "2?


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