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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 193
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Hirudo medicinalis in Kehl: Die blutige Karriere eines Ringelwurm.s

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Das Karriereende eines gebrauchten Blutegels

Hirudo medicinalis wird heute nur noch in in- wie ausländischen Zuchtanstalten
herangezogen. Die Züchter versichern, es kämen wirklich nur hungrige
, gesunde Exemplare in den Versand. Theoretisch könnte ein Medizinischer
Blutegel in einer solchen Egelfarm über zwanzig Jahre alt werden. Er
kann bis zu maximal zwei Jahren von einer Blutmahlzeit zehren; denn
Darmbakterien der Art Aeromonas hydrophila (früher als Pseudomonas hi-
rudinis bezeichnet) halten das Blut so lange flüssig, bis es gänzlich verdaut
ist. Doch die Tiere dürfen nur einmal beim Menschen angesetzt werden,
um eine etwaige Übertragung von Krankheitskeimen mit Sicherheit auszuschließen
. Deswegen wird er in der Regel nach dem Gebrauch abgetötet.

Solche Vorschriften galten bereits im 19. Jahrhundert. Doch in Zeiten,
da ein Mangel an Medizinischen Blutegeln herrschte, war es offenbar üblich
, diese Tiere wiederzuverwenden. Dies belegt folgende Verordnung aus
dem Jahre 1842: „Sämmtliche Physikate werden beauftragt, den Wundärzten
und Wundarzneidienern, welche sich mit Application der Blutegel be-
schäftigen,die mehrmalige Benützung derselben strenge zu untersagen, und
ihnen ihre Unbrauchbarmachung mittelst mehrmaligen Durchschneidens,
sobald sie abgefallen sind, und nachherigen Wegwerfens an einem geeigneten
Orte zur Pflicht zu machen. "28

Heute werden die Tiere nach ihrem Gebrauch schnell abgetötet, zum
Beispiel in Essig, 70-%-igem Spiritus oder kochendem Wasser. Eine Ausnahme
von der Regel: Die größte Blutegelzucht Europas in Biebertal bei
Gießen - hier tummeln sich an die 100.000 Exemplare in vierzehn Teichen
in lichten Gewächshäusern - wirbt im Internet damit, gebrauchte Egel gegen
geringes Entgelt zurückzunehmen, sie in einen „Rentnerteich" auszusetzen
und nicht wieder zu verwenden.

Anmerkungen

* Kurz nach Fertigstellung dieses Artikels ist die Autorin, Angelika Stüwe (geb. Sadlau),
an den Folgen einer langjährigen Erkrankung am 24. Januar 2006 gestorben.

1 Forester, Cecil Scott: Die „African Queen" - Frankfurt a.M./Berlin 1990, 133.

2 Pfarrer Dorn: Beschreibung der Blutegelzucht des Michael Schütterle in Dorf Kehl, in:
Landwirthschaftliches Wochenblatt für das Großherzogthum Baden, hrsg. von der
Centralstelle des landwirthschaftl. Vereins, 10. Jg., Carlsruhe: Braun'sche Hofbuchdruckerei
, 1842.

3 Michael Schütterle trat sein angeborenes Bürgerrecht am 11. August 1846 an (Stadtarchiv
Kehl, Bürgerbuch der Gemeinde Dorf Kehl).

4 Schaible, Joseph: Geschichte des badischen Hanauerlandes nebst einer medizinisch=
statistischen Topographie des großherzoglich badischen Amtsbezirkes Kork. - Karlsruhe
1855, 128.

5 Pfarrer Dorn, a. a. O., 70.

6 Pfarrer Dorn, a. a. O., 69.


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