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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 271
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Leben mit zwei verschiedenen Zeiten

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und nahm diese an sich. Die geborgenen Stücke wurden im Jahr 1999 in
der ehemaligen Synagoge Kippenheim im Rahmen der Ausstellung „Was
blieb - Spuren jüdischen Lebens in der Ortenau" gezeigt. Zu diesem Zeitpunkt
war noch nicht bekannt, dass bei den Bauarbeiten weit mehr Materialien
gesichert werden konnten. Anfang 2001 wurden diese dem Förderverein
Ehemalige Synagoge Kippenheim von den heutigen Eigentümern
des früheren Schmieheimer Synagogengebäudes übergeben.13

Die Schmieheimer Genisa ist das Vermächtnis einer der größten jüdischen
Landgemeinden, die in Baden während des 19. Jahrhunderts existierten
.14 Wann genau die Genisa von der Gemeinde unter dem Dach der
Schmieheimer Synagoge eingerichtet wurde, ist nicht bekannt. Als frühestmöglicher
Zeitpunkt kommt das Jahr 1812 in Betracht, in dem das Gotteshaus
erbaut wurde. Die größte Menge an unbrauchbar gewordenen Schriftstücken
, Büchern und Objekten dürfte in den folgenden sechs Jahrzehnten
in der Genisa deponiert worden sein, als Schmieheim ein Zentrum des jüdischen
Lebens in der südlichen Ortenau war. Mit dem Wegzug vieler Gemeindemitglieder
in die Städte ließen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts
wohl auch die Neueinlagerungen immer mehr nach. In Gebrauch war die
Genisa vermutlich bis zum Novemberpogrom 1938. Mitglieder der Lahrer
HJ-Gebietsführerschule zertrümmerten am Morgen des 10. November
1938 die Inneneinrichtung des Gotteshauses. Das Gebäude selbst überstand
die Kriegszeit. Die Israelitische Landesgemeinde Südbaden verkaufte
es im Jahr 1950 an eine Gerätebaufirma, die das ehemalige Gotteshaus
zunächst umbaute und dann als Fabrik nutzte. In den folgenden Jahrzehnten
wechselte das Gebäude mehrfach den Eigentümer. Durch die von den
verschiedenen Inhabern durchgeführten Umbaumaßnahmen änderte sich
sein äußeres Erscheinungsbild derart, dass heute beim Anblick des Gebäudes
kaum noch seine ursprüngliche Funktion erkennbar ist.15

Inhalt der Genisa

In den wieder entdeckten Genisot ehemaliger jüdischer Landgemeinden
konnten nur die Überreste der dort einst deponierten Schriften und Gegenstände
ausgehoben werden. Der Großteil der Einlagerungen ist im Lauf der
Zeit entfernt worden. Teilweise wurden die Genisot von den Landjuden
selbst ausgeräumt und ihr Inhalt vermutlich nach alter Tradition auf dem
Friedhof begraben, wenn eine Renovierung oder gar der Verkauf des Synagogengebäudes
anstand. In weitaus größerem Umfang wurden die Genisabestände
aber von den neuen nichtjüdischen Eigentümern weggeschafft,
die die Gebäude nach der gewaltsamen Auflösung der jüdischen Landgemeinden
erworben hatten. Nach dem Kauf ließen sie meist umfangreiche
bauliche Veränderungen durchführen. Bis in die Gegenwart überdauern
konnten meist nur die Objekte, die in unzugänglichen Hohlräumen lager-


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