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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 303
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303

„Nur die Spitze des Eisbergs"

Möglichkeiten und Grenzen der Erforschung von Verbrechen
an Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen am Beispiel
der in Offenburg stationierten SS-Baubrigaden

Andreas Lörcher

Der folgende Beitrag entstand im Rahmen eines Forschungspraktikums im
Stadtarchiv über die in Offenburg stationierten SS-Baubrigaden. Auf das
Thema wurde ich durch einen Besuch im Museum des früheren Konzentrationslagers
Natzweiler aufmerksam. In einer Karte des Museums war Offenburg
als „Camp annexe" (Nebenlager) verzeichnet.1 Bei einer Recherche
in diese Richtung stieß ich im Staatsarchiv Freiburg auf einen Bericht
der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, demzufolge
es in Offenburg kein Neben- oder Außenlager des KZ-Natzweiler
gab und auch unklar sei, was sich stattdessen zur Zeit des Zweiten Weltkriegs
in der im Bericht genannten Ihlenfeldkaserne befunden habe.

Bei der weiteren Materialsuche entdeckte ich die Dissertation von
Bernd Boll mit dem Titel „Kriegswirtschaft und Zwangsarbeit in Offenburg
1939 bis 1945". In diesem Buch ist auch von KZ-Häftlingen die Rede
, welche in Offenburg für die Reparatur der Gleisanlagen und die Entschärfung
von Blindgängern eingesetzt wurden. Diese Reparaturarbeiten
wurden in Folge der Luftangriffe auf die Gleisanlagen nötig, um den militärischen
Nachschub an die Westfront aufrechterhalten zu können. Bernd
Boll bezeichnet diese Baubrigaden als rollende Konzentrationslager.2 Sie
wurden mit KZ-Häftlingen der Stammlager Sachsenhausen, Flossenbürg
und Buchenwald ausgestattet. Bis zum Ende des Krieges waren in Offenburg
die 8., 9. und 10. SS-Baubrigade sowie ein Bauzug des Konzentrationslagers
Flossenbürg stationiert.3

Bezüglich der Verbrechen an KZ-Häftlingen des Bauzuges Flossenbürg
konnten die bisherigen Forschungsarbeiten auf Dokumente zurückgreifen,
anhand derer diese Taten außergewöhnlich eindrücklich bewiesen und rekonstruiert
werden können. Eine zentrale Rolle spielt dabei ein Dokument,
dass der frühere KZ-Häftling Sigmund Nissenbaum aus der Aktentasche
eines flüchtigen SS-Mannes sichern konnte. Darauf sind unter anderem die
Namen und Daten der Opfer eines Massakers an alten und kranken Häftlingen
des Bauzuges Flossenbürg vermerkt. Eine Abschrift davon ist in den
Akten des Offenburger Stadtarchivs über die „Nachforschungen über Zivil-
und Militärangehörige der Vereinten Nationen" zu finden.4

Bernd Boll hat den Tathergang wie folgt zusammengefasst: „Morgens
zwischen 10 und 11 Uhr ließ die Lagerleitung zwei Kanister Schnaps in die


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