Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 447
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Peterlistag - ein Festtag für Kinder

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nellen Heischegangs interessiert sind. Es werden etwa 28 Gruppen gebildet
, wobei jede Gruppe einen festgelegten Bereich „heimzusuchen" hat
(oder zugewiesen bekommt). In den Neubaugebieten und den Randbezirken
ist es zuweilen eine spannende Sache.

Ein Schüler darf läuten, aber nicht alle Bürger machen auf oder wissen
überhaupt von dem Brauch. Der begleitende Lehrer erklärt den Neubürgern
die Ursache des Versprechens und manche sind sehr großzügig mit
Geld und Süßigkeiten, Orangen und bitten die Kinder, übers Jahr wiederzukommen
, nachdem sie den Spruch gehört haben.

Damit aber niemand vorzeitig naschen kann, wandern die Süßigkeiten
erst einmal in den jeweilig mitgebrachten Leiterwagen, der meist schön geschmückt
ist, das Geld wandert in eine Sammelbüchse.

Am Spätnachmittag des ereignisreichen Tages treffen sich dann alle
Gruppen wieder im Schulhof. Erst wenn die Letzten zurück sind, wird
Kassensturz gemacht und die beim Heischegang erbettelten Gaben gerecht
verteilt. Da bringt jedes ein schönes Sümmchen und eine prall gefüllte Tragetasche
mit süßen Schätzen heim.

Alte Leute erinnern sich gerne an das Peterlisspringen in ihrer Kindheit.
Da war der originelle Großvater des heutigen Fabrikanten Rietsche, der
immer den großen Peteriisspruch sehr schön gesprochen haben wollte. Vor
allem aber freute er sich, wenn die Springer den Fasentspruch „Hoorig isch
die Katz" recht laut riefen, wozu er die Narrenkappe aufsetzte.

Oder eine ältere Erzählerin berichtete, dass man früher sehr weit lief,
um Geld für ein Paar Schuhe zusammenzubetteln, weil man sie am notwendigsten
brauchte.

Wieder eine Erinnerung daran, dass früher gerade die Bedürftigen zum
Peterlistag sprangen.

Der frühere Rektor der Volksschule Westermann erzählte mir, dass die
Eltern und die Gebenden, seien es Privat- oder Geschäftsleute, froh wären
über den geregelten Ablauf des Heischegangs. Es wird dadurch viel Ärger
erspart für alle Beteiligten.

Von dem Geld, das sie bekommen, gehen 75 Prozent an die Kinder und
25 Prozent an die SMV (Schülermitverwaltung), z. B. für einen Landschulaufenthalt
. Manche, die von den Kindern nicht angetroffen wurden, weil
sie gerade weg waren, kommen am nächsten Tag in die Schule und bringen
ihren Obolus.

Einer ganz ausgeprägten Form des Peterstags (so heißt er hier!) begegnen
wir in Unterentersbach, einem Dorf, das im vorderen Kinzigtal, etwas
abseits vom Verkehr gelegen ist, im hügeligen Vorland zu dem gebirgigen
Oberentersbach.

Dort ziehen die Kinder ohne jede Aufsichtsperson, ohne Lehrer und
Polizei, in ihrem von altersher gewohnten Gang durch das Dorf, ganz in
eigener Regie!


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