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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 462
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Hedwig Büß

Meist sind es Kurzverse, in Unterentersbach, Oberentersbach und teilweise
Oberharmersbach ausführliche Verse. In Zell am Harmersbach und Haslach
sagt man nur einen kurzen Heischespruch.

Damals, nach Einführung des Christentums, hat man wohl behutsam
und allmählich die heidnische Schlangenbeschwörung eingebettet in
christliche Segensformeln, aus dem heidnischen Zauberspruch, dem
Schlangenbann wurde eine Benediktion, ein Gebet. Der Schlangenbann
wurde zum Schlangensegen umgeformt. Nun konnten die Priester und ihre
Gläubigen mit sanktionierten Mitteln gegen das Ungeziefer vorgehen.

Dass die Verschmelzung oder Umwandlung nicht überall und zu allen
Zeiten reibungslos vonstatten ging, ersehen wir aus zwei Beispielen, die E.
H. Meyer in diesem Zusammenhang erwähnt: „Diese Sprüche werden mit
dem , Segen wider Schlangen und andere giftige Thier, daß sie nit schaden
können' gemeint sein, die der Freiburger Professor Lorichius in seinem
Aberglauben 1593 bekämpft."

Oder: „1611 untersagte das Landgebot des bayerischen Herzogs Maximilian
wider Aberglauben, Hexerei, Zauberei unter Anderem, die Schlangen
, Ratzen, Wurm und Ungeziefer zu bannen durch Beschwörungen und
andere Mittel."

Es war die Zeit, in der die Hexenverfolgung in vollem Gange war, und
da gehörte die Bekämpfung der Beschwörungen natürlich auch dazu.

In den ersten Jahrhunderten der Christianisierung jedoch stand man dieser
Art der Vertreibung des Ungeziefers viel unkomplizierter gegenüber.
Denken wir an den Hl. Pirmin, der die Reichenau von Schlangen und Kröten
befreiten, indem er ein Kreuz aufrichtete, oder an den Hl. Patrik, der in
Irland und auf der Isle of Man die Schlangen vertrieb.

Auch noch Ende des 19. Jahrhunderts vertrieb man die Schlangen im
hinteren Attental bei Freiburg, wie E. H. Meyer berichtet. Einst, man sagt
vor ein paar hundert Jahren, gelobte der Bauer vom Henselerhof der
allerseligsten Jungfrau Maria eine Kapelle, um von der Schlangenplage
befreit zu werden. Wirklich blieben seit der Erbauung der Kapelle die
Schlangen fort. Zu Maria Lichtmess, am zweiten Februar, betet der Bauer
dort mit seinen Leuten nach dem Mittagessen drei Rosenkränze, dann
muss sein Kind oder, wenn das Kind noch zu klein ist, der Hofbauer
selbst dreimal eine Kette an der Berglehne ums Haus ziehen, um die
Schlangen abzuhalten.

Ob nun am 22. Februar, am Fest Petri Stuhlfeier oder am 2. Februar,
d. h. an Lichtmess oder am St. Gregorifest am 12. März, das Vertreiben von
Ungeziefer ist immer eingebettet in ein Gebet. Im Kinzigtal ist mit der Erfüllung
des alten Gelübdes immer noch das Beschenken der Kinder verbunden
. Es wird wohl keine lückenlose Aufklärung über dieses Kapitel geben
. Das meiste beruht auf mündlicher Überlieferung und auf dem Ergebnis
der Nachforschungen interessierter Volksschullehrer aus der Region.


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