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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
86. Jahresband.2006
Seite: 525
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Sportgeschichte in der Ortenau

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Vormärz. Zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehörten spätere Kehler
Revolutionäre.14 Es folgten danach 1846 die Gründung eines Turnvereins
in Offenburg sowie 1847 in Bühl und Lahr.15 Insgesamt bestanden in
Baden während der Revolutionsjahre 29 Turnvereine mit geschätzten 4.600
Mitgliedern, die sich im März 1848 zum „Bund der oberrheinischen Turnvereine
" zusammengeschlossen hatten und als „propolitische" Vereine bezeichnet
werden können.16 Brigitte Haug hat die Aktivitäten der Turnvereine
dokumentiert und kommt zu dem Schluss, dass bei diesen Vereinen über
die körperliche Ertüchtigung und das Gemeinschaftsleben hinaus oft politische
Ziele eine bestimmende Rolle spielten: „Die Turner der 1840er Jahre
können als Teil einer systemkritischen Protestbewegung betrachtet werden,
mit der die gesellschaftlichen Verhältnisse umgestaltet werden sollten [...]
Die Turner schufen mit Gesellungsformen wie Turnfesten und Turnfahrten,
mit Liedern und auch ihrer Kleidung ein Modell einer egalitären Lebensform
, das der politischen Zielsetzung einer Gesellschaft ohne Standesunterschiede
entsprechen sollte."17

Mehrere dieser Turnvereine, jedoch nicht alle, galten auf diesem Hintergrund
als politisch besonders aktiv und radikal. Es gab allerdings Unterschiede
, was die politische Beteiligung der Vereine anbelangt. Während
man für den Turnverein in Lahr keine eindeutigen politischen Aktionen
feststellen kann (obwohl sein Vorsitzender Wilhelm Schubert zu den führenden
Gestalten der Revolution in der Stadt zählte), war der Offenburger
Verein direkt in die revolutionären Vorgänge involviert. Recht bald musste
die Führungsebene der Stadt Offenburg in Sachen der Turner erkennen,
„daß sich hinter den vermeintlich harmlosen Leibesübungen eine Organisation
der Radikalen versteckte."18

In dem Studenten und hervorragenden Turner Karl Heinrich Schaible
(1824-1899) hatte man eine der zentralen Figuren des Offenburger Revolutionsgeschehens
zum Vereinsvorsitzenden.19 Dieser musste schon bald
nach Gründung des Vereins eine Gefängnisstrafe wegen revolutionärer Aktivitäten
absitzen. Für den Sportler dürfte es besonders schlimm gewesen
sein, dass er sich durch die Haft schwere Gesundheitsschäden zuzog.

Was den Kehler Verein anbelangt, so lässt sich eine direkte politische
Beteiligung nicht belegen, sondern kann nur angenommen werden. Hingegen
gilt als sicher, dass viele Mitglieder des Bühler Vereins an den revolutionären
Auseinandersetzungen teilgenommen haben. Die politische Positionierung
der Turnvereine scheint demnach nicht einheitlich gewesen zu
sein. Es wäre zu fragen, in welchem Ausmaß die These, dass „die körperliche
Ertüchtigung oftmals nur Mittel zum Zweck der Erringung eines
volksmäßigen Staatszustandes" war20, zutrifft. Das heißt, es besteht Klärungsbedarf
, welches Gewicht die Ausübung des Sports in den Turnvereinen
tatsächlich noch einnahm. Hatte man es mit politisierten Sportlern
oder mit sportlichen Politaktivisten zu tun?


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