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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 190
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Wolfgang M. Galt

Warum entzündet sich der Widerstand gerade an den Bäumen?

Der etwa 7000 Morgen umfassende Maiwald gehört zu drei verschiedenen
Herrschaftsbereichen: die bischöflich-straßburgischen Gemeinden
Renchen, Ulm und Waldulm, dann die naussau-lichtenbergschen Gemeinden
Beyde Freisten, Memprechtshofen und Renchenloch und die Markgrafschaft
Baden mit Achern und Fautenbach. Dies hat zur Folge, dass es ständig
zu Streitereien und Übergriffen wegen der Nutzung des Waldes kommt.
Bereits 1734 erheben die bischöflichen Gemeinden Klage gegen die Hanauer
, sie würden große Teile des Waldes zu Wiesen und Feldgärten umwandeln
. Außerdem würden sie in Überfülle ihren Holzbedarf aus dem
Wald decken, sodass die Bischöflichen zu kurz kämen.

Die Nutzung des Waldes ist in dem Waldbrief von 15343 festgelegt. Jedem
Waldgenossen wird das Recht zugestanden, zu Fachwerkbauten Holz
zu schlagen. Die weitere Nutzung des Holzes ist streng festgelegt. Das Abholzen
von 2000 Bäumen wäre aus der Sicht der Waldgemeinden ein frontaler
Angriff auf die traditionelle Ökonomie und Sozialordnung gewesen,
den wir heute als Modernisierung bezeichnen. Im 18. Jahrhundert setzt
nämlich eine zunehmende Ökonomisierung des Waldes ein. Die Nachfrage
nach Nutzholz steigt infolge der rasanten Bevölkerungsvermehrung ebenso
wie das Wachstum der Glasverhüttung und verspricht große Gewinne. Die
Reaktion ist eine Ökonomisierung des Holzverbrauchs durch die Herrschaften
, die danach streben, den individuellen traditionellen Holzverbrauch
der ärmeren Schichten zugunsten einer Vermarktung des Holzes
durchzusetzen. Die Armen, die traditionell ihr Holz bisher umsonst bekommen
, müssen Holz nun zu einem hohen Preis kaufen. Typisch für die
Zeit um die Mitte des 18. Jahrhundert ist eine fortschreitende soziale Differenzierung
. Die Zahl der Handwerksberufe steigt, die Zahl der Angehörigen
der dörflichen Unterschicht ebenfalls (Taglöhner). Letztere können
von ihrem Land nicht mehr ausreichend leben oder besitzen gar keinen
Grund und Boden. Die Taglöhner betreiben meist auf Pachtfeld etwas
Landwirtschaft für ihren Eigenbedarf. Gerade sie haben deshalb ein exis-
tenzielles Interesse an der Weiterführung der genossenschaftlichen Waldnutzung
: Ihre genossenschaftlichen Rechte wie z. B. die Schweineweide
im Wald und die Weidemöglichkeit auf der Dorfallmende.

Die aufrührerischen Gemeinden Renchen, Ulm und Waldulm rufen im
Oktober 1748 das Reichskammergericht in Wetzlar an. Die fünf Landgemeinden
des Gerichts Achern richten eine Bittschrift an den Markgrafen.
Doch die Klage wird am 11. Juli 1749 abgewiesen. Als sich die Gemeinden
dennoch weigern, das Urteil anzuerkennen, setzt der Landesherr Militär
ein. Die Vermessung kann nun beginnen.

Angesichts der ungestümen Gewalt, die als Landfriedensbruch gewertet
wird, überrascht, wie vorsichtig die Behörden vorgehen und jeden Schritt
protokollieren. So geht aus einem Protokoll hervor, dass nicht 2000 Bäu-


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