Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
87. Jahresband.2007
Seite: 354
(PDF, 115 MB)
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354

Manfred Merker

Offenburger Franziskanergymnasiums" folgenden, Zahlen verschlüsselnden
lateinischen Gruß:

VIVe, FaVe, & aDsIs nobls SpeCtator beneVoLentlssIMe.

„Lebe, sei uns hold und steh uns bei, höchst wohlwollender Zuschauer."
Eingebaut ist erneut die Zahl des Schuljahrs 1675.

Doch damit nicht genug der barocken Lust an der Zahlenverschlüsselung
! Der gelehrte lateinische Rhetorikprofessor des Franziskanerklosters
zeigt uns sein Können auch anhand der deutschen Sprache. Am Schluss
der Inhaltsangabe lesen wir:

„Im Jahr Deß HelLs ein taVsenD SeChs HVnDert FVnff Vnd SIbenzIg"

Damit ist in deutschen Worten und in lateinischen Zahlen das Jahr 1675
angegeben, also insgesamt fünfmal ein inhärentes Datum fixiert. Umso erstaunlicher
ist es, dass der spätere Bibliothekar in der badischen Bibliothek
unten auf dem Blatt mit Tinte das Jahr 1620 (!) vermerkt, unter dem es
auch dort noch geführt wird (siehe Abb. 9). Wer im Offenburger Gymnasium
solch eine spielerische Meisterschaft allein oder mit seinen gelehrten
Kollegen zu entwickeln in der Lage war, konnte sicher auch ohne Weiteres
das prägnante Chronogramm unserer Klostertür entwerfen.

Alle sieben erhaltenen Offenburger Herbstkomödien führen namentlich
keinen Verfasser an, aus Bescheidenheit oder um nicht von den gebildeten
Bürgern der Stadt persönlich des Plagiats beschuldigt werden zu können.
Im Umfeld der Theateraufführungen der Minoriten hat sich aber durch Zufall
ein Hinweis erhalten, der uns bei unserer Fragestellung weiterhilft. Die
Spur führt in das oberelsässische Städtchen Thann. Auch hier gab es wie in
Offenburg, Villingen, Breisach, Straßburg und Colmar ein Barfüßerkloster,
in dem im 17. Jahrhundert biblische Komödien, die gelehrte Patres samt
Zwischenchören auf Latein verfasst hatten, erfolgreich zur öffentlichen
Aufführung gebracht wurden. Eine frühe Spur führt sogar schon 150 Jahre
davor zu einem Johannes Pauli (1455-1530/33), der hier in Thann als franziskanischer
Guardian und Lesemeister „Schwänke" zum Besten gegeben
habe. In einer Chronik des Barfüßerklosters zu Thann zum Jahre 1687, also
12 Jahre nach der letzterwähnten Offenburger Aufführung von 1675 und
zwei Jahre vor dem Stadtbrand von 1689, den unsere Tür überlebt und erwähnt
, heißt es:

„Den 25. September hat R. P. Maximiiianus Fiegenbach, de Offonisbur-
go, alß Professor Rhetorices, die erste Herbst Comoedi componiert und in
unser Kirch exhibieren und halten lassen, mit großem Applausu und Zulauf
, so wohl einheimischen, alß auswärtigen Auditoren und Zusehern."


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