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„Nachwenclezeit" 1802-1820 in der untersten Stufe .staatlicher Verwaltung
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ten zu erheben. Dies geschah am 08. Mai 1803. Eine Woche später feierte
dies das Amt Oberkirch sowie natürlich auch den Wechsel der Landesherrschaft
vom Bischof von Straßburg zum Kurfürsten von Baden. In der Folgezeit
- Wendezeit - änderte sich für die nach wie vor „ehrergiebigsten
Unterthanen" von Oberkirch in der untersten Verwaltungsebene nichts: Der
Landvogt oder Oberamtmann stand dem Oberamt Oberkirch vor, sechs
Schultheißen verwalteten die Gerichte. In den Städten und den Vororten
des Gerichts gab es einen beratenden Zwölferrat. In den Dörfern und Städten
verwalteten ein oder zwei Bürgermeister die Rechnungen, wobei es damals
schon Ober- und Unterbürgermeister in einem Ort oder einer Stadt
gab.16
Stellvertreter des Schultheißen in den Dörfern und Flecken war der
Stabhalter, der bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts der Vertreter der Landesherrschaft
vor Ort gewesen war. Er war damals der Vorsitzende des Dorfgerichts
gewesen, er sorgte für die Bewirtschaftung der Mark, schlichtete
Streitigkeiten und regelte die örtlichen Dinge. Diese Funktionen gingen um
1760 im straßburgischen Gebiet an die Schultheißen oder Vögte über, die
diese Funktionen über mehrere Siedlungseinheiten ausübten, die im sog.
Gericht vereinigt waren.17
Neuer Staat und neue Gemeinde
Der mit jedem neuen Gebietszuwachs sich vergrößernde Mittelstaat
Baden18 wollte von Anfang an eine zentrale Verwaltung mit der Gemeinde
- an deren Spitze der Ortsvorgesetzte und das Ortsgericht Verantwortung
hatten und erfüllten - als unterstem staatlichen Verwaltungsorgan. Die erste
Verwaltungsstelle in staats-rechtlicher, staatspolizeilicher sowie in
staatswirtschaftlicher Hinsicht, ebenso auch finanziell, war im Staatsaufbau
von unten das Ortsgericht und der Ortsvorgesetzte.
Der Ortsvorgesetzte war das erste Mitglied des Ortsgerichts. Er führte in
den Städten den Titel Bürgermeister oder Oberbürgermeister, in den Dörfern
den Titel „Vogt". Er steht der Gemeinde vor. Er zieht herrschaftliche
und kirchliche Gefälle ein, sorgt sich um Vormundschaften, Verlassen-
schaften, hat den Polizeifrevel im Auge und Kontrolle.19 Ab 1809 wurden
weitere Bezirks- und Lokalbehörden geschaffen, die vor allem die direkten
und die indirekten Steuern und deren Einzug übernahmen.20
Vier wichtige Gesetze sind die Marksteine dieser Neuorganisation:
- das Dekret zur provisorischen Organisationseinteilung der Landgrafschaft
Breisgau und Ortenau vom 05. Mai 1806,21
- das Konstitutionsedikt der Verfassung der Gemeinheiten, Körperschaften
und Staatsanstalten vom 14.07.1807,22
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