Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 83
(PDF, 97 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0083
83

Franz von Papen als Wendelinusreiter

Zur zeitgeschichtlichen Dimension der Nußbacher
Wendelinuswallfahrt in den 1950er-Jahren

Heinz G Huber

Brauchtum wurde von der „klassischen" Volkskunde traditionell im ahistorischen
Zyklus von Jahres- und Lebenskreis angesiedelt. Die sozialen Kontexte
und die historischen Bedingungen gerieten dabei aus dem Blickfeld.
Bräuche wurden als Gemeinschaftshandeln verstanden, das vorgeblich in
einer überzeitlichen Tradition steht.1 Dabei haben auch Brauchtumsformen
einen kulturhistorisch benennbaren Ausgangspunkt und erfüllen innerhalb
eines historisch beschreibbaren Zusammenhangs ihre spezifische Funktion.
Das gilt auch für religiöses Brauchtum.

Exemplarisch kann das am Beispiel der Nußbacher Wendelinuswallfahrt
in den 1950er-Jahren gezeigt werden. Die Wallfahrt zum Vieh- und Bauernheiligen
Wendelin2 kann im Kirchspiel Nußbach bis in das Jahr 1591
zurückverfolgt werden. Sie erreichte nach der Mitte des 18. Jahrhunderts
ihren ersten Höhepunkt, als 1756 der Vorarlberger Barockbaumeister Johann
Eimenreich die neue, spätbarocke Wallfahrtskapelle errichtet hatte.3
Um die Wallfahrt entstand ein reiches Brauchtum. Seit 1716 zogen Prozessionen
hinter Kreuz und Fahnen von Nußbach hinauf auf den „heiligen
Berg" des Renchtals. Im Zusammenhang mit Viehseuchen gelobten Nachbargemeinden
wie Ebersweier, Urloffen und Appenweier eine jährliche
Gemeindewallfahrt, nachdem sie von Viehseuchen verschont geblieben
waren.4 Zur Wallfahrt gehörte oft ein stundenlanger Fußmarsch der Pilger,
die teilweise von weit her aus den entlegenen Tälern des Schwarzwaldes
kamen. Sie versuchten durch ein Wachsopfer die Fürbitte des Heiligen zu
erlangen. Im 19. Jahrhundert boten Händler, die sogar aus Walldürn kamen
, Devotionalien wie Versehgarnituren, Rosenkränze, geweihte Kerzen,
Kreuze usw. an. Die Wallfahrt zum hl. Wendelin markierte den Abschluss
des bäuerlichen Arbeitsjahres und wurde mit dem Dank für die gesegnete
Ernte verbunden.

Nach mündlicher Tradition segnete im 18. Jahrhundert die Geistlichkeit
- die Prämonstratenser von Allerheiligen und die Oberkircher Kapuziner
machten sich um die Betreuung der Wallfahrt verdient - auch die Pferde,
mit denen Bauern zur Wendelinuskapelle geritten waren. Das Apsisgemäl-
de Johann Pfunners aus dem Jahr 1761 zeigt ein bäuerliches Stifterpaar,
hinter dessen Rücken sich ein Pferd verbirgt. Nach mündlicher Überlieferungstradition
war der Ödsbacher Sieferspring-Bauer Franz Xaver Ehret
zur Kapelle geritten, um zu beten. Als er heimkehren wollte, war sein Ross


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0083