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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 106
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Martin Ruch

vom Auszug aus Ägypten enthält), das Ritual und die Speisen folgen dabei
einer tradierten Ordnung.

Sederabend

In die Mitte der Sedertafel wird ein Teller mit symbolischen Speisen so gestellt
, dass sechs verschiedene Speisen getrennt und deutlich sichtbar gezeigt
werden können. Sie werden bei der Seder-Andacht benannt und ihre
Symbolik in jedem einzelnen Fall erläutert. Es handelt sich um: 1. Maror
(bittere Kräuter), 2. Karpass (eine Gemüsesorte), 3. Chasseret (eine bitter
schmeckende Gemüsesorte), 4. Charosset (eine Mischung aus Nüssen und
Äpfeln), 5. Seroa (Schenkel- oder Halsknochen des Geflügelbratens), 6.
Beza (ein hartgekochtes Ei). „Maror", das Bitterkraut, symbolisiert das bittere
Los der Israeliten in der ägyptischen Sklaverei.

In einem humoristischen Gedicht hat die Offenburgerin Syvia Cohn eine
Familienfeier am Sederabend um 1930 bedichtet und dazu einen ausladenden
Sonnenschirm gezeichnet:

„ Wandern, wandern muß ein jeder / einer früh'r, der andre später / und besonders
heut beim Seder / wandern wir im Geist der Väter / durch die lange
Wüstennacht / bis die vierzig Jahr vollbracht! / Vor der Wandrung Ungemach
/ schütz euch dieses Sonnendach "21

Nonnenweier: „Normalerweise hat jede Familie bei sich den Seder gegeben
. Wenn mehrere Generationen am Ort waren und beide Großeltern
noch lebten, hat der Großvater die ganze Familie zu sich geladen. Nach
dem Essen begann ein gemütlicher Teil des Abends, man hat viele Psalmen
gesprochen und sich unterhalten über den Inhalt der Hagadah und über
deren Auslegung. Wenn unter den Anwesenden gelehrte Leute waren, die
sich darauf verstanden, die Hagadah zu interpretieren, hat sich der Abend
ausgedehnt. In Nonnenweier war dies nicht der Fall, die Leute haben nur
gewußt, was für Aussprüche in der Hagadah stehen. "21

1943 waren die beiden Offenburger Mädchen Myriam und Eva Cohn im
sicheren Schweizer Kinderheim der Lily Volkart in Ascona bei Locarno
angekommen. In Briefen an den Vater in England schrieben sie:

„Am 5. Mai 1943 schmückte ich das Photo unserer Sylvela (Geburtstag der
Mutter Sylvia, die aber bereits am 30. September 1942 in Auschwitz ermordet
worden war, was die Mädchen noch nicht wussten. Anm. Ruch) mit
Flieder. Geheult habe ich nicht, aber viel für sie gebetet. Und habe mich in
Erinnerungen versunken. Warum Dir die Maror an Pesach so besonders
bitter geschmeckt hat und die Hagada dieses Jahr eine ganz andere Bedeutung
hatte, läßt sich leicht erraten. (...) Myriam.
Ende März 1944


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