Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 109
(PDF, 97 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0109
„Trenderle" und „Holegrasch": Spuren jüdischen Brauchtums in der Ortenau

109

paar Tage vor Pessach in einem Wagen, der in Nonnenweier in einem
Raum untergestellt wurde. Dort holten dann die Leute die Matzen ab. "30

Offenburg: „Die Matzen gab es von der Matzenbäckerei Hoffmann in
Schmieheim, der hat für die ganze Gemeinde gebacken, das war unsere
Matzenbäckerei. Matzenmehl und Matzen, alles gab es von dort. "31

In einem Brief aus Offenburg an den bereits nach Dänemark ausgewanderten
Sohn Siegfried schrieb Mutter Schnurmann im April 1938: „Laß
Dir zum Schluß des Festes noch die Mazzenknöpfle gut munden. Deine
dich liebende Mutter"32

Und am 30.3.1939 schrieb sie ebenfalls an den Sohn:

„Die Matzennot ist für uns schon ein Problem und wäre es wirklich nett,
wenn deine bestellten rechtzeitig hier ankämen. Du kennst ja den früheren
Umsatz an Matzen bei uns. Auch da heißt es Umstellung. Heute ist der letzte
jüdische Insasse Frieda Kahn aus dem Vincentiushaus (Offenburg) nach
Gailingen gekommen. Nun ist auch diese Stätte judenrein.

Nun heißt es aber wieder zur Arbeit zur Ostervorbereitung, die große
Schatten vorauswirft. Vater schreibt die Fortsetzung. Ich verabschiede mich
und wünsche Dir recht frohe Feiertage. Mutter. "33

Der Offenburger ,Sonnen'-Wirt Karl-Otto Schimpf schrieb in seinen Erinnerungen
an die Jugendzeit um 1900: „Der kurze Schulweg konnte vom
Rathausplatz aus über die Spitalgasse entweder durch die Gymnasiumstraße
oder die Schlossergasse genommen werden. Immer gab es da etwas zu
sehen und zu erleben. Die beiden ersten Häuser rechts und links in der
Gymnasiumstraße gehörten den jüdischen Familien Lemle Bergheimer
(heute Schwarz) und Joseph Bergheimer (heute Pfirrmann). Beide betrieben
einen soliden, gutgehenden Viehhandel, Frau Joseph Bergheimer, ein
liebenswertes, mütterliches Frauchen, wandte uns als Klassenkameraden
ihres Sohnes Emil ihr besonderes Interesse zu. Um die Zeit des jüdischen
Pessahfestes paßte sie uns Sextaner und Quintaner auf dem Heimweg regelmäßig
ab und schenkte uns ungesäuerte Matzen, die uns wegen ihres faden
Geschmacks keine große Freude bereiteten. "34

In manchen Gemeinden Europas wurde ein Stück Matze an einer Wand
der Synagoge aufgehängt als ständige Ermahnung der Gläubigen.35 Denn
in der Bibel steht: „Sieben Tage sollst du Ungesäuertes essen, auf dass
du des Tages deines Auszugs aus Ägyptenland gedenkst dein Leben lang"
(5. Buch Mose 16, 3).

Auf diese Textstelle geht wohl auch der Ortenauer Brauch zurück, in
den Häusern ein Stück Matze aufzuhängen. Jedenfalls ist er für Nonnenweier
registriert worden: „Ein Stückchen Mazzoth, das man an Pessach
beiseite gelegt hatte, wurde im Haus aufgehängt zum Schutz gegen Unheil
. "36 Und aus Rust berichtete Rosalie Haus er von der weiten Verbrei-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0109