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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 113
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„Trenderle" und „Holegrasch": Spuren jüdischen Brauchtums in der Ortenau

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Ich konnte noch im Jahr 2008 eine Erinnerung an die Offenburger
Laubhütte festhalten. Franziska Weis (geb. 1926) berichtete: „Ich habe
noch gute Erinnerungen an Familie Lion, die eine Zigarrenfabrik hatten.
Sie wohnten in der Rheinstraße und besaßen einen geschlossenen Balkon,
der mit Zweigen und grünen Girlanden zur Laubhütte gemacht wurde. Kerzenlicht
, grüne Dekorationen - es war eine besondere Atmosphäre. "

Exkurs 1:

Wie im Jahr 2000 das Laubhüttenfest in Straßburg begangen wurde und
wie eine traditionelle Laubhütte (Sukka) heute noch gebaut und genutzt
wird, das zeigte der Straßburger Thoragelehrte Samuel Dzialoszynski einer
Gruppe von Besuchern aus der Ortenau. Dzialoszynski (1927-2004) war
bis zu seiner Pensionierung als Leiter eines jüdischen Internats in Straßburg
tätig. Während dieser Zeit hat er regelmäßig im Herbst eine große
Sukka gebaut, die bis zu 50 Personen aufnehmen konnte. Innerhalb der
Hütte errichtete er noch ein kleines Nebengemach, in dem er zusammen
mit seinem Sohn über die Feiertage nächtigte. Das vorschriftsgemäß offene
Dach ließ sich für den Fall eines unerwarteten Regengusses mit einer
Schnur bequem vom Bett aus schließen.

Die Vorschriften an eine solche Sukka sind präzise in einem talmudischen
Traktat festgehalten. Die Wände können aus beliebigem Material
sein, aber die Decke darf nur aus etwas Gewachsenem bestehen, das jedoch
nicht mehr weiterwachsen darf. Viel bleibt da nicht übrig, als etwa
Schilf oder Bambusrohre zu nehmen. Letzteres Material deckte auch die
Straßburger Laubhütte.

Im Innern war die Sukka reich mit Bildern geschmückt. Eine Tafel mit
Sprüchen zu jedem der sieben Festtage, die gleichzeitig für die sieben
Stammväter Israels stehen, oder kleine Kinderzeichnungen mit religiösen
Symbolen zierten die Wände. Am auffallendsten waren aber die Fenster
der Hütte und ein großes, leuchtendes Glasbild, alles eigene Arbeiten von
Samuel Dzialoszynski. In Scherenschnitttechnik hatte er in den 1960er-
Jahren mit diesen Bildern begonnen. Der vollständige theologische Gehalt
seiner symbolreichen Bilder erschließt sich zwar nur dem Kundigen. Doch
einige Details erklärte er den Gästen.

Ein Bild aus dem Jahr 1968 zeigt die reiche Themenfülle rund um „Eth-
rog und Lulav", also jene Planzen, die am Laubhüttenfest in der Synagoge
mitgetragen werden. Der Ethrog ist eine wohlriechende Zitrusfrucht und
gilt als die Frucht des Prachtbaumes, die im Pentateuch für das Laubhüttenfest
vorgeschrieben ist, genauso wie der Lulav, je ein Zweig von Bachweide
, Palme und Myrthe, die zusammengebunden werden. Auf dem entsprechenden
Fenster der Straßburger Sukka steht der Ethrog für die Gesamtheit
der Welt, für den Globus, für das absolut Schöne.


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