Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 137
(PDF, 97 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0137
Religionsgeschichte als Familiengeschichte: Die Chewra Kadischa in Kippenheim

137

den Quellen erstmals eine Kippenheimer „Judenschafft" auf.25 Diese beerdigte
ihre Toten auf dem jüdischen Friedhof im benachbarten Schmieheim,
der 1682 angelegt wurde. Die erste dort feststellbare Bestattung eines Juden
aus Kippenheim (Naphtali Hirsch Moises) ist auf 1718 datiert.26 Es ist
nicht nachweisbar, aber zu vermuten, dass sich schon um diese Zeit, also
zu Anfang des 18. Jahrhunderts, eine örtliche Beerdigungsbruderschaft gebildet
hatte. Dem steht entgegen, dass in einer späteren Quelle als Gründungszeitpunkt
der Kippenheimer Chewra Kadischa das Jahr 1891 angegeben
wird.27 Als Vorsitzender der Kippenheimer Beerdigungsbruderschaft
hat damals der Kaufmann Leopold Weill (1842-1910) gewirkt.28 Schon
Leopold Weills Eltern Nathan Weyl (um 1800-1851) und Esther Weyl (um
1802-1864) hatten allerdings - wie oben erwähnt - anlässlich der 1852 erfolgten
Einweihung der neuen Kippenheimer Synagoge eine Spendenkasse
für Zwecke der Wohltätigkeit gestiftet. Nathan Weyl (Weill) war der jüngere
Bruder von Arie Löb Weill, dem langjährigen Vorsitzenden der jüdischen
Gemeinde, unter dessen Ägide das neue Kippenheimer Synagogengebäude
errichtet wurde.29 Möglicherweise kann also schon Nathan Weyl
(Weill) als leitende Person einer Kippenheimer Beerdigungsbruderschaft
angesehen werden. In erhalten geliehenen Büchern aus seinem vormaligen
Besitz - gedruckt in den Jahren 1811, 1815 und 1821 - befinden sich die
Besitzvermerke „Nathan Weill, Kippenheim" sowie „Nathan ben Rabbi
Nethanael".30 Nathans Vater, der Kaufmann Nethanael (Sandel) Weyl (um
1752-1808) galt demnach als „Rabbi", das heißt als besonders geehrte und
mit religiöser Autorität versehene Persönlichkeit, was allerdings nicht mit
einer ordinierten Rabbinerpersönlichkeit zu verwechseln ist. Die Tradition
des „Reb" geht in der Kippenheimer Familie zurück bis auf Nethanaels
Großvater, den Toraschreiber und Vorsteher Elieser (Lazarus) Weyl aus
Stühlingen, der zu den Gründern der Familienlinie im Dorf gehörte. Die
männlichen Mitglieder der Familie Weyl/Weill standen in Kippenheim
rund 250 Jahre im Rufe einer besonderen religiösen Autorität. Es ist demnach
plausibel, dass man dem von Nathan Weyl (Weill) über Leopold
Weill weitergeführten Zweig der Familie die Obhut über die Kippenheimer
Chewra Kadischa übergeben hatte. Auch Heinrich Weill (1830-1901), der
älteste Sohn Nathans und Bruder Leopolds, wurde nach seinem Tod in einem
Nachruf vom Kippenheimer Kantor Saul Eichenbaum für seine „stille
Wohltätigkeit" gerühmt und zudem als „Vater der Kultusbeamten" bezeichnet
. Dies lässt ebenfalls auf ein überdurchschnittliches Engagement
im Kontext des Rituallebens schließen.31 Nach Leopold Weills Tod übernahm
sein Sohn, der Lederhändler Fritz Siegfried Weill (1877-1938), die
Leitung der „Heiligen Gesellschaft" bis in die Zeit der nationalsozialistischen
Diktatur.32 Im Vereinsvorstand standen ihm viele Jahre der Tabakgroßhändler
Max Valfer (1890-1942) und der seit 1919 in Kippenheim
amtierende Kantor Gottfried Schwab (1893-1963) zur Seite, als weitere


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2008/0137