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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 243
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Der Zimmerer Waldbrief von 1389

Karl Maier

Am 16. Dezember 1389 - es war ein Donnerstag - „um die erste Stunde
oder nahe bey" bat eine Gruppe Bauern aus dem Kirchspiel Zimmern in
der Ortenau den kaiserlich und kirchlich anerkannten Notar am bischöflichen
Gerichtshof in Straßburg Johannes Scherer um eine Beratung. Das
Kirchspiel Zimmern setzte sich damals zusammen aus den Orten Urloffen,
Riecheinheim und Zimmern - hier stand auch das Gotteshaus, das St. Martin
gewidmet war.1 Der Begriff Kirchspiel hatte zu jener Zeit nicht nur eine
religiöse Bedeutung, sondern umfasste auch die rechtliche und politische
Gemeinschaft. So erscheinen die drei genannten Dörfer immer wieder unter
dieser Bezeichnung als eine Prozesspartei mit einer gemeinsamen Vertretung
.

* *

Uber die Konsultation am 16. Dezember ließ der Straßburger Notar eine
Niederschrift aufsetzen, dessen lateinisches Original und deutsche Übersetzungen
unter dem Namen „Zimmerer Waldbrief' in die regionale Geschichtsschreibung
eingeführt wurden. Erfunden hat ihn, soweit wir sehen,
der Dekan und bedeutende Lokalhistoriker Wilhelm Weiß aus Urloffen.
Einmal wählt er auch „Urloffer Waldbrief' wie übrigens auch hundert
Jahre nach ihm Kurrus und Kauß.2

Als Verhandlungspartner des Notars hatten die Bewohner des Kirchspiels
eine Delegation von zwölf Männern aus ihren Ortsteilen bestimmt,
die Riechelnheimer „Rieflin Solemann, Henslin Weber, Henslin Schneider,
Claus Mundunkh, Heintzmann Pfister, Durchmann Lawelin und Roudolf,
die Zimmerner Werner Graf, Walter Ortliep, Johannes Jacob und Albrecht
Schmid sowie Claus Dunnenberg, Henslin Lutlod, Rieflin Zehender und
Henslin Sunderwasser der Altere" aus Urloffen. Sie baten Scherer, ihnen
eine alte lateinische Urkunde zu übersetzen und zu erklären, wobei sie erwarteten
, dass durch den neu festgelegten Inhalt tatsächlich vorhandene
Verhältnisse legitimiert und verloren gegangene Rechtssicherheit wiederhergestellt
werden würde.

Scherer kam den Bitten nach, übersetzte die alte Urkunde mündlich ins
Deutsche, in die Muttersprache „lingua maternita" und deutete sie.4 Er ließ
die Bauern schwören, dass der Inhalt des Dokumentes der ihnen bekannten
Realität entspräche, soweit ihre Erinnerung zurückreiche. Sodann verfasste
er ein Protokoll, nun wieder in Latein, über das, was in seiner Kanzlei geschehen
war. Am Ende bestätigten vier Zeugen mit ihren vier Siegeln, alles
sei in der dargestellten Weise abgelaufen.

Bei dem Rechtsgegenstand handelt es sich um nichts weniger als um die
„Stiftung", der Kirche St. Martin in Zimmern, ihren Bau, ihre Ausstattung


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