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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 281
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Im Namen der Hyazinthe

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Apollo. Dieser konnte bei allen Gebildeten aus der lateingeprägten Schulzeit
des Humanismus und Barock als allgemein bekannt vorausgesetzt
werden. Ovid gehörte neben Cicero und Vergil zu den am besten überlieferten
Autoren der lateinischen Klassik, weil er seit Jahrhunderten ständige
Pfiichtlektüre in den Klöstern und Lateinschulen war. Hatte doch selbst der
elfjährige Wolfgang Amadeus Mozart 1767 für sein Salzburger Gymnasium
auf den lateinischen Text des Paters Rufmus Widl „Apollo et Hyacin-
thus seu Hyacinthi Metamorphosis" die Musik komponiert (KV 38). Der
für die jugendlichen Schüler heikle homoerotische Stoff wurde vom textenden
Pater durch Beifügung des Vaters, König Öbalus, und der Schwester
Melia leicht neutralisiert, wobei diese Rolle natürlich mangels Verfügbarkeit
auch von einem Jungen gesungen werden musste, was das männliche
Beziehungsgeflecht der Vier noch mehr verwirrt haben musste.

Der große augusteische Dichter Ovid bietet in den 15 Büchern seiner
märchenhaft schönen Metamorphosen (= Verwandlungen) mit ihren fast
15.000 Versen und 250 Sagen einen unerschöpflichen Schatz für die gesamte
griechische Mythologie. Im zehnten Buch lässt er den göttlichen
Sänger Orpheus zum Saitenspiel die Geliebten von Göttern und Göttinnen
(„deliciae deorum") besingen, ehe dieser selbst im elften Buch von rasenden
Bacchantinnen des Dionysos aus Eifersucht auf dessen Lob der Knabenliebe
nach dem Verlust seiner Eurydike zerrissen wird. Ovid bedichtet
hier eindrucksvoll die Verwandlung von Götterlieblingen in Pflanzen: So
wird der bildschöne Geliebte der Aphrodite, Adonis, als Adonisröschen
verewigt, Apolls Geliebte Daphnis als Lorbeerbaum, der selbstverliebte
Narkissos als Narzisse. Oft ist der jeweilige Mythos in der Tradition des
hellenistischen Dichters Kallimachos aus Alexandria verbunden mit der
späteren Stiftung kultischer Feste als Ursprungssagen (Aitia) an Orten, die
schon seit Jahrhunderten fromme Verehrung genossen.

Ovid entfaltet in unübertrefflicher Meisterschaft der dramatischen, poetischen
und metrischen Gestaltung seinen Hyakinthosmythos (Ovid, Met.
X, 162-219): Der Musengott und Zeussohn Apoll wurde von „flammender
Leidenschaft" zu dem außerordentlich schönen Königssohn Hyakinthos er-
fasst, vernachlässigte seine göttlichen Pflichten in Delphi und suchte oft
dessen Nähe zu gemeinsamem Sport und Spiel. Das „düstere Schicksal"
ihrer kurzen Freundschaft erfüllte sich beim gemeinsamen Diskuswerfen:
Der Jüngling wurde vom Diskos des Gottes, den der eifersüchtige Windgott
Zephyros vom Boden abprallen ließ, im Gesicht getroffen und getötet.
Entsetzt hob Apoll den Sterbenden vom Boden auf, doch dessen Haupt
sank in seinen Armen herab „wie eine zerknickte Lilie, war sich selbst zur
Last und ruhte erschlafft an seiner Schulter" (Met. X, Vers 195). Diesen
Augenblick hat in neoklassischer Manier der französische Maler Jean Broc
(1771-1850) in seinem Hauptwerk in unnachahmlich ergreifender Weise
festgehalten (Musee des Beaux Arts, Poitiers).7


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