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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 315
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Waren für die Weills

Eine Untersuchung der Lieferantenstruktur der Eisenwarenhandlung
Weill aus Kippenheim anhand des „Höfer-Fundes'6

Lina-Mareike Dedert

Zu Beginn der 1990er Jahre entdeckte Hans Höfer auf dem Dachboden seines
Hauses in Kippenheim verschiedenste Schriftstücke aus den Jahren
1819 bis 1891. Wie nach eingehender Betrachtung des Materials ermittelt
werden konnte, bieten sie einen exemplarischen und äußerst seltenen Einblick
in das Leben und Handeln einer jüdischen Geschäftsfamilie während
dieser Zeit: der Familie Weil[l]\ direkten Vorfahren des Komponisten Kurt
Weill2, denen das Haus bis 1900 gehörte.

Der „Höfer-Fund" untergliedert sich in zwei Teile. Der größere steht im
Zusammenhang mit einer Eisenwarenhandlung, die zur Jahrhundertmitte
von Kurts Großonkel Heinrich, auch Löb oder Naphtali genannt, gemeinsam
mit dessen Mutter Eva aufgebaut wurde. Sukzessiv traten zwei weitere
Brüder dem Geschäft als Teilhaber bei: Nathan, Kurts Großvater, und Jakob
. Insgesamt besteht dieser Teil überwiegend aus geschäftlicher Korrespondenz
, Kalendern, Bestellungen, Rechnungen, Preislisten, Mahnungen
oder Lieferbescheinigungen. Zwischen den einzelnen Schriftstücken finden
sich immer wieder großformatige Beiblätter, auf denen Stichworte wie
„Preiscouranta vom Jahr 1858"3, „Facturas vom Jahr 1858"4, „Quittungen
vom Jahr 1859"5 oder „Briefe vom Jahr 1860"6 notiert wurden. Bei einem
großen Teil des „Höfer-Fundes" handelt es sich demnach um die Buchhaltung
der Eisen Warenhandlung. Dafür sprechen auch Vermerke wie „Factb.
Fol. [Zahl]" oder „Ct0 C1 [Zahl]", mit denen die einzelnen Rechnungen von
Heinrichs Hand versehen wurden.7 Folglich waren die Inhaber über die
von Ulrich Baumann beklagte herkömmliche „Sackbuchhaltung" der jüdischen
Händler, die er als „Dilemma der Forschung" bezeichnet, schon weit
hinaus.8 Ferner verweist die Buchhaltung auf Deutsch auf die Umsetzung
einer entsprechenden Forderung im 9. Konstitutionsedikt vom 13. Januar
1809, das zahlreiche Bestimmungen zur rechtlichen und sozialen Emanzipation
der badischen Juden enthielt.9

Mit Hilfe der Unterlagen des „Höfer-Fundes" können zahlreiche Aspekte
und Entwicklungen im Leben einer landjüdischen Familie beispielhaft
ausgeleuchtet und in Beziehung zur sozioökonomischen Emanzipation der
badischen Juden im 19. Jahrhundert gesetzt werden. Nicht nur, dass es
möglich ist, wirtschaftlichen Fortschritt nachzuzeichnen - auch Einblicke
in die privaten Lebensumstände gewähren die Schriftstücke. Im Rahmen
dieses Artikels können natürlich nicht alle Punkte Berücksichtigung fin-


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