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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 380
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Johannes Werner

im Karlsruher Schlossgarten unter den Gingkobäumen her, hebt ein Blatt
auf und sagt sich erst die erste Zeile des Gedichts von Goethe vor: „Dass
ich eins und doppelt bin"10; und dann dessen mittlere Strophe „Ist es ein lebendig
Wesen, / Das sich in sich selbst getrennt? / Sind es Zwei, die sich
erlesen, / Dass man sie als eines kennt?"11 (Thomas Mann hat den „Doktor
Faustus", der ebenfalls 1947 erschien, ebenso angelegt.)

Zu nennen wäre noch der Journalist Hausenstein und der Redakteur, der
das Literaturblatt und die Frauenbeilage der berühmten „Frankfurter Zeitung
" durch das so genannte „Dritte Reich" manövrierte, von dem er Abstand
hielt und dem er widerstand. Er wusste, dass alles, was er veröffentlichte
, „mit der Lupe gelesen"12 wurde; und zwar nicht nur von den Feinden
, sondern auch von den Freunden, und von beiden, weil sie den doppelten
Sinn seiner Schriften suchten und das, was zwischen ihren Zeilen geschrieben
war.

Und zu nennen wäre auch noch der Diplomat, der erste Botschafter
Deutschlands in Frankreich nach jenen dunklen Jahren - aber von ihm
werden heute andere sprechen.13

Lassen wir die lange Reihe der Rollen, die Hausenstein spielte, und gut
spielte, nochmals vor unserem geistigen Auge vorüberziehen. (Und lassen
Sie mich hier sagen, dass ich, als ich vor vielen Jahren auf Hausenstein
aufmerksam wurde, erst gar nicht glauben konnte, dass es sich bei ihm immer
um dieselbe Person handelte und nicht um mehrere Personen mit zufällig
demselben Namen.)

Stellen wir uns freilich die Frage, ob es für diese vielen verschiedenen
Rollen so etwas wie einen gemeinsamen Nenner, oder eher einen Oberbegriff
gibt. Gewiß - denn Hausenstein war immer und in allem ein Vermittler
. Er vermittelte als Kunsthistoriker zwischen der vergangenen, ferngerückten
und fremdgewordenen Kunst und dem gegenwärtigen Publikum
(dem er auch die nicht weniger ferne und fremde Kunst der anderen Kontinente
verständlich machte, weil es ihm, wie Hermann Hesse schrieb, gelang
, „jener wilden Kunst auch denkerisch nahe zu kommen"14). Er vermittelte
als Kunstkritiker zwischen der gegenwärtigen Kunst und dem zwar
gegenwärtigen, aber noch unverständigen, unwilligen Publikum; und als
Kunstsoziologe zwischen der Kunst und ihrer sozialen, politischen und
ökonomischen Basis. Reinhard Piper, sein erster Verleger, hat ihn einen der
„verdienstvollsten deutschen Kunsterzieher"15 genannt. Als Reiseschriftsteller
beschrieb er denen, die nicht selber reisen konnten, wiederum die
Ferne und die Fremde; als Übersetzer machte er ihnen die Literatur zugänglich
, die sie im Original nicht lesen konnten, und als Interpret die, die
sie zwar lesen, aber nicht sogleich verstehen konnten. Als autobiographischer
Erzähler beschrieb er seine Erlebnisse denen, die anderes erlebt und
erfahren hatten. Als Journalist und Redakteur war er gleichsam der Bote,
der wusste und sagte, was in der weiten Welt geschah. Und als Diplomat,


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