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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 394
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Christel Seidensticker

Was später als Beitrag Büschs zum Kulturkampf gesehen wurde, war
zunächst nichts als Spielerei mit den prallen Szenen aus dem Marienkalender
auf dem Hintergrund seiner protestantischen Prägung. Ausdrücklich
verwahrt sich Busch dagegen, politisch vereinnahmt zu werden.

Als er sich mit den für ihn als Protestanten fast unverständlichen Heiligenlegenden
beschäftigte, hatte der Kulturkampf noch nicht begonnen, jene
harten politischen Auseinandersetzungen, die erst begannen, als 1870
die Lehrmeinungen des Papstes für unfehlbar erklärt wurden. In diesem
Jahr ist der Antonius zwar erschienen, fertig in der Schublade lag er schon
Jahre zuvor.

Vorher gab es die Vorgeplänkel, gab es massive antiklerikale Einstellungen
, wie an der Person des Verlegers Schauenburg demonstriert werden
kann. Als wackerer Nationalliberaler übte er sich eifrig in Attacken gegen
die katholische Kirche, was in Lahr dazu geführt hatte, dass eine zweite
Zeitung begründet wurde, ein Forum der katholischen Geistlichkeit. Seine
„Lahrer Zeitung", der „Hinkende Bote", seine „Dorfzeitung des Lahrer
Hinkenden Boten", eine deutschlandweit verbreitete Zeitung, und der
„Lahrer Anzeiger" verwickelten sich immer wieder in heftige Auseinandersetzungen
und Prozesse, in die sich auch das erzbischöfliche Amt in Freiburg
einmischte. Auch außerhalb von Baden war das bekannt, in katholisch
kirchlichen Zeitungen den Gläubigen untersagt, den „Lahrer Hinkenden
Boten" zu lesen. 1869 gab es im westfälischen Münster eine Anzeige gegen
einen Buchhändler, der den Hinkenden vertrieben hatte. Der zuständige
Staatanwalt sah jedoch in der beanstandeten Erzählung keine Verspottung
der Religion, sondern „nur eine scharfe Satyre", und die war nicht
strafbar - in Münster.3

Dass gerade er sich nicht davor scheute, das in seinen Augen sicherlich
brisante Werk zu verlegen, ist kein Zufall.

Das Corpus delicti

Doch schauen wir uns das corpus delicti genauer an. In zehn unterschiedlich
langen Kapiteln „erzählt" Wilhelm Busch die Lebensgeschichte eines
Heiligen, dem er den Namen des sehr volkstümlichen Antonius von Padua
gibt. Der entwickelt sich vom kleinen haar-, zahn- und bartlosen Toni bis
hin zum gereiften Heiligen Antonius mit dem zweigeteilten Bart, bis hin
auch zu seiner umstrittenen Himmelfahrt mit seinem hilfreichen Schwein.

Ach ja, ja ! - So seufz' ich immer - ;
Denn die Zeit wird schlimm und schlimmer.

Mit dieser Klage über die bösen Zeiten im Allgemeinen und die Presse im
Besonderen beginnt das „Vorwort" zu den zehn Szenen aus dem Leben des


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