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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
88. Jahresband.2008
Seite: 420
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Johannes Werner

vor allem das so genannte Wechselfieber, die Malaria. („Malaria" heißt
wörtlich: schlechte Luft.) Und so zitierte Honsell befriedigt die Berichte
von Ärzten, die besagten, dass sich die Lage durch Tullas Taten gebessert
habe. „Die Rhein- und Murgbauten, welche einen möglichst geraden Lauf
und Tieferlegung des Flussbettes bezwecken, haben bis jetzt den grössten
und vortheilhaftesten Einfluss in allgemeiner gesundheitlicher Beziehung
und besonders auf Beseitigung der Miasmen. In früherer Zeit waren die
Orte längs des Rheins durch Sümpfe und Altwasser im Früh- und im Spätjahr
häufigen und anhaltenden Wechselfiebern ausgesetzt, welche jedoch
durch die Rheinkorrektion ebenso selten sind, wie in den Ortschaften längs
des Gebirges."11 So schrieb, unter anderen, 1862 der Amtsarzt in Rastatt;
und so 1867 der in Offenburg: „Als endemische Krankheit herrschte früher
in den in der Nähe des Rheins, der Kinzig und der Schutter befindlichen
Orten das Wechselfieber, welches den stehenden Sümpfen zugeschrieben
wurde, und häufig äusserst hartnäckig, komplizirt und langwierig war.
Auffallend ist es, dass diese Krankheit seit 1861 weit seltener und minder
heftig zum Vorschein kommt, obschon immer noch zeitweise Ueber-
schwemmungen und Sümpfe in jener Gegend vorkommen."12 Schon Hip-
pokrates hatte gelehrt, dass Krankheiten oft auf ungesunde Ausdünstungen
der Erde, so genannte Miasmen, zurückzuführen seien, und noch im
19. Jahrhundert glaubten ihm die Ärzte aufs Wort; zu Unrecht, wie sich
zeigen sollte.

Was keiner wusste

Denn nicht die Sümpfe als solche waren schuld; aber indem Tulla sie trockenlegte
, grub er, ohne es zu wissen, den eigentlichen Verursachern das
Wasser ab: den Schnaken. Goethe hatte nur über sie geklagt, weil sie ihn
störten und plagten; auch er hatte nicht gewusst, dass sich unter ihnen, neben
der eigentlichen Rheinschnake und der Hausschnake, auch Anopheles
befand, die den Erreger der Malaria, den Einzeller Plasmodium, überträgt
.13 Er gelangt durch ihren Stich in die menschliche Blutbahn, dann in
die Leber, wo er sich vermehrt, dann wieder ins Blut, wo er die roten Blutkörperchen
zerstört und derart die inneren Organe schädigt.14

Ebenso wenig wusste man, womit man die Krankheit bekämpfen sollte,
wenn sie erst einmal ausgebrochen war. Man trank Branntwein mit
schwarzem Pfeffer oder einen Ansatz aus Wermut, Farnkraut, Wegwarte,
Melisse, Bitterklee, Brennessel und Pfefferminze, oder man aß Knoblauch,
Ingwer, Lilienzwiebeln, schwarzen Senf oder Meerrettich mit Essig; faule
Eier, Spinnen- und Regenwurmpulver, Läuse, Läuse- und Taubenkot wurden
ebenfalls verordnet; selbst vor weißem Hundekot, in Ei gebacken,
schreckte man nicht zurück.15 Sonst rief man die zuständigen Heiligen an,
insbesondere den hl. Laurentius, der unter anderem als Schutzpatron gegen


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