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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
89. Jahresband.2009
Seite: 432
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Wolfgang M. Call

„Das Oberschulamt erwähnt, daß die Staatsanwaltschaft im Zind-Pro-
zess Wiegert erwähnt hat. Schließlich gehe es nicht darum einen aktiven
Beamten wegen judenfeindlicher Äußerungen aus dem Dienst zu entfernen
und einen am Synagogenbrand mitschuldig Verurteilten in das Beamtenverhältnis
zu berufen." Noch deutlicher wurde das Oberschulamt Südbaden
in einem Schreiben an das Kultusministerium am 8. Februar 1960:
„Durch die in der Öffentlichkeit durch neofaschistische und antisemitische
Tätigkeit gewisser Kreise ausgelöste Reaktion sind die gegen die Wiederverwendung
des ehemaligen Rektors Oskar Wiegert im Oberschulamt immer
vorhanden gewesenen großen Bedenken erneut vertieft worden. Es
werde von einem weiteren Lehrer gesprochen, der sich aktiv beteiligte und
inzwischen wieder Beamter ist."

Der Fall Zind

Der Fall des Gymnasiallehrers Ludwig Zind, der wegen antisemitischer
Äußerungen („Meiner Meinung nach sind viel zu wenig Juden
vergast worden") in einem Offenburger Wirtshaus gegenüber dem
„Halbjuden" Kurt Lieser strafrechtlich belangt wurde, kam bundesweit
in die Schlagzeilen. Für Diskussion sorgte dabei u. a. die Tatsache
, dass Zind mit seiner antisemitischen Meinung in Offenburg nicht
alleine stand, wie dies der Leserbrief eines pensionierten Offenburger
Studienrates bewies, der schrieb, „dass ein Großteil der Offenburger
Prominenz versuchte, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, den
Studienrat seiner gerechten Strafe zu entziehen. Ein Offenburger
Geschäftsmann äußerte mir gegenüber, man dürfe diesen Mann nicht
so scharf anpacken, denn schließlich sei doch sein Verhalten ,ur-
deutsch'." 28

Der Prozessbeobachter der „Welt" beschrieb, in seinem Artikel Sind
noch mehr Zinds unter uns?: „Die gewittrige Atmosphäre des Offenburger
Prozesses weckte immer wieder diese bange Frage. Da waren
bei der Verhandlung, auf der Straße und in den umliegenden Lokalen
die zahlreichen Anhänger Zinds, die jeden Hassausbruch ihres Helden
mit ebenso unverhohlener Freude registrierten, wie jede vermeintliche
Niederlage seiner Ankläger. (...) Und da waren schließlich die vielen
gutgekleideten Damen und Herren, die nach dem Urteilsspruch gegen
Mitternacht für den mit stolzem Lächeln im korrekten Stresemann
aus dem Gericht hinausschreitenden Zind Spalier bildeten seinen Wagen
umringten, Taschentücher schwenkten, ihre unverminderte Sympathie
bekundeten und in den bis zum Morgen andauernden Wirtshausdebatten
immer wieder erklärten: ,Das hat der brave Mann wirklich nicht


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