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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2010/0087
86 R. Johanna Regnath / Regina Ostermann

Ein erstes Maximum in ihrer Verbreitung erreichten die Edelkastanien
zu Ende der Römerzeit, um 500 nach Chr., das zum Teil
sicherlich auf eine bewusste Kultivierung zurückzuführen ist.
Dem folgt ein Rückgang in der Völkerwanderungszeit. Für das
Hoch- und Spätmittelalter liegen wieder sehr hohe Pollenprozentwerte
vor.10

Im Frühen Mittelalter stammen die ersten Erwähnungen von
Kastanienbäumen aus Gesetzessammlungen und Rechtstexten.
Der Edictus Rothari, 11 der auf einen Langobardenkönig aus dem
zweiten Drittel des siebten Jahrhunderts zurückgeht, schützt und
fördert durch Strafandrohung die Kultivierung von Kastanienbäumen
. Im Kapitel 301 heißt es: „Wer einen Kastanienbaum
umhaut, soll 1 Solidus Buße zahlen/'

Als weiteres Dokument in diesem Zusammenhang ist das vielzitierte
Capitulare de villis et curtis imperialibus zu nennen.12 Es
handelt sich bei diesem Kapitularium um eine Sammlung von
Vorschriften für Organisation und Verwaltung des karolingi-
schen Krongutes, entstanden zwischen 790 und 800. Das Capitulare
de villis besteht aus 70 Einzelkapiteln und stellt das Idealbild
eines Königsgutes unter der Regierung Karls des Großen
vor.13 An seinem Ende steht ein Katalog von Pflanzen und Bäumen
, die auf den königlichen Gütern angebaut bzw. gepflanzt
werden sollten. Über dessen Bedeutung und vor allem über die
Frage der Verbindlichkeit dieser Forderung wurde in der historischen
Forschung in der Vergangenheit kontrovers diskutiert.14
Grundsätzlich ist dazu zu sagen, dass Kapitularien normative
Texte sind, deren Wirksamkeit in ihrer historischen Zeit sich
nicht ohne die Hilfe weiterer (nicht-normativer) Quellen nachprüfen
lässt. Heute wird allgemein davon ausgegangen, dass es
sich hier um eine umfassende Liste handelt, aus der je nach klimatischen
Bedingungen und Bodenbeschaffenheiten das jeweils
Geeignete ausgewählt werden sollte. In dieser Aufzählung (Art.
70) wurde auch die Anpflanzung von Kastanienbäumen vorgeschlagen
: De arboribus volumus quod habeant... castanearios... Mit
einem tatsächlichen Vorkommen von Kastanienbäumen dürfte
aber eher bei den südwestlich gelegenen, linksrheinischen und
italienischen Königshöfen im Reich Karls des Großen gerechnet
werden.

Ganz ähnlich ist die Erwähnung eines Kastanienbaums auf
dem St. Galler Klosterplan aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts
zu beurteilen. Auch hier handelt es sich um einen Idealplan
und nicht um das Abbild eines real im 9. Jahrhundert existierenden
Klosters. Jedoch zeigt dieser Beleg, dass die Esskastanie nördlich
der Alpen in einem an Bildung interessierten Umfeld wie
dem Galluskloster bekannt war und ihre Kultivierung nicht für
unmöglich gehalten wurde. Auf den vertrauten Umgang mit den


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