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144 Christoph Schmider

hier der Protestantismus, insbesondere in seiner pietistischen
Ausprägung, exemplarische oder katalytische Wirkung zeitigte.
Noch eine weitere geistesgeschichtliche Strömung, deren Ursprung
und hauptsächliche Ausformung außerhalb der katholischen
Kirche liegen, entfaltete zunehmend prägenden Einfluss:
die Aufklärung. Wenn man die „katholische Aufklärung" als eine
Erscheinungsform des Glaubens versteht, der es vor allem um die
„die Reflexion des Glaubens über sich selbst, über sein Wesen und
seinen Inhalt' zu tun ist, „wobei alle kritischen Faktoren aufgeboten
werden, mit denen die Vernunft arbeiten kann"f dann müsste man
den im Pietismus vorherrschenden, „nach Verwirklichung drängenden
, sich im Tatbeweis bewährenden Glauben"8 als Gegensatz dazu
verstehen, wobei sich die Spannung zwischen diesen beiden
Grundströmungen als überaus fruchtbar gerade für die theologische
Entwicklung der katholischen Kirche erwies.

Im gesamten 18. Jahrhundert also bewegte sich die katholische
Kirche in einem Spannungsfeld gegenläufiger Tendenzen.
Auf der einen Seite der Aufschwung des Glaubenslebens in seinen
vielfältigen Ausprägungen, auf der anderen Seite die von
aufgeklärtem Gedankengut getragene Beförderung einer rationalen
, auf das Wesentliche reduzierten religiösen Praxis. Es gab
also, gerade im 18. Jahrhundert, den Gegensatz zwischen „barocker
" Pracht und „rationalistischer" Schlichtheit, und das in mitunter
unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nachbarschaft:
Während einerseits prunkvolle Kirchengebäude entstanden, in
denen künstlerisch üppig ausgestattete Gottesdienste zelebriert
wurden, während sich eine bunte und lebensfrohe Volksfrömmigkeit
entwickelte, sollte andererseits, in der Regel von oben
verordnet, die Religionsausübung auf ihr „Kerngeschäft" der -
für jedermann verständlichen - Verkündigung zurückgeführt
werden.

Besonders eindrücklich manifestierten sich diese gegenläufigen
Tendenzen in den Ordensgemeinschaften und Klöstern, die,
so der allgemeine Konsens, im 18. Jahrhundert „ihre größte Blüte"
erlebten, was sich nicht zuletzt in „einer alle Lebensbereiche umfassenden
, zugleich aber übersteigenden Kultur zeigte".9 Man kann dies
sicherlich teilweise als Reaktion auf die Glaubensspaltung und
die existenziellen Bedrängnisse der zahlreichen Kriege erklären.
Ähnlich bedeutsam ist aber auch die sich in jener Zeit entwickelnde
neue Vorstellung davon, wie die Nachfolge Christi im
monastischen Leben verwirklicht werden könne: Nicht mehr
Weltabgeschiedenheit und Kontemplation galten als Ideal, sondern
viele Ordensgemeinschaften maßen nun dem Apostolat
unter den Menschen große Bedeutung bei und versuchten, ihren
so verstandenen Auftrag durch physischen und geistlichen Beistand
zu erfüllen. Und wo die Orden nicht von sich aus die Zei-


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