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166 Eugen Hillenbrand

Dass die Bittsteller hier in erster Linie an die seelsorgerliche Betreuung
der Beginen ihrer Stadt dachten, ist kaum anzunehmen
.30 Zwar werden 1287 die Offenburger Franziskaner in einem
Rundschreiben an verschiedene Klöster ihres Ordens aufgefordert
, ihre Kirchen während des derzeit verhängten Interdikts
auch nicht für Mitglieder des Dritten Ordens zu öffnen, aber Weiteres
ist dazu nicht gesagt.31 Eine Offenburger Begine wird erstmals
in einer Urkunde von 1307 genannt, also 27 Jahre nachdem
die Franziskaner sich in der Stadt niedergelassen hatten.32

Das Häuschen, in das Gertrud nach ihrer Flucht von der Burg
eingezogen war, scheint bald ausgebaut worden zu sein, wohl mit
ihren eigenen finanziellen Mitteln. Si nam arme swestem in ir hus
und gründete eine Wohngemeinschaft, die über Jahre hin funktionierte
. Ob es eine Gemeinschaft von „armen Schwestern" war,
bleibt im Unklaren. Immerhin ist mehrfach die Rede von Mägden
, die ihnen dienten. Personalprobleme gab es auch schon.
Von einem Mädchen war Heilke sehr angetan, weil es flink und
fleißig war, bis sich herausstellte, dass es ihnen Geld, ein Buch
und acht Ellen neues Tuch gestohlen hatte.

Gertrud und Heilke hatten ihre eigenen Kammern. Doch ir
bettstat und ir bettgewet (Bettzeug) dz wz alles einvaltig. Andere
mussten sich mit einem Strohsack auf dem Fußboden begnügen.
Und: do sü sah, daz die andern uf strousecken lagen, so hette sü ouch
gerne also getan, und lag neun naecht uf einem strousag. Das det ir
also we, dz sü sin III jorgewar wart in irme übe.33

Auch beim gemeinsamen Essen gab es feine Unterschiede. Die
Hagiographin rühmt Gertruds Demut mit dem Hinweis: So sü
hette gessen, so truog sü selber ir geschirr enweg. Ja, sie wollte nicht
mehr am Gemeinschaftstisch sitzen, sondern bedienen als ein
ander arme swester. Ihren Mägden bot sie an, sie mit „Gertrud"
anzusprechen alse sü hieß. Ir wz ouch recht leid, dz man ir in dem
huse ere bot34

Sie scheint im Hause auch eine leitende Funktion eingenommen
zu haben. Sie bestimmte, wann die Schwestern zur Kirche
und Kommunion gingen, ob und wie gefastet wurde, sie versammelte
am Abend die Gemeinschaft um sich und sprach auch
selbst ir schulde vor den swestem. Durchsetzen konnte sie sich
nicht immer. Z. B. an Fastnacht, do alle die lüte sungent und dant-
zeten und froelich worent, also man gewonlich ist an der vastnacht.35
(Das ist, soweit ich sehe, die erste Erwähnung von Fastnacht in
Offenburg). Da zog sie sich in den Stall zurück und versteckte sich
hinter einer Bretterwand. An einer andern Fastnacht machte sie
sich einen Haferbrei, da die Regelschwestern ja fasten sollten.
Ihnen aber buok sü küchlin selber mit iren henden und hies inen sieden
und broten genuog geben.36 Bei einem Schlachtfest im Hause
nahm Gertrud nichts, weder fleisch noch wurste noch broten. Dis det


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