Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 59
(PDF, 86 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0060
Zuor Kurzweil und der Fraiden Zihl, zu halten hie ein gaistlich Spil

dazu passen nun die seit 1607 stattgefundenen Aufführungen
biblischer Dramen mit ihrer ausgesprochen protestantischen
Zielrichtung: Sie brachten die Werte der Reformation zum Ausdruck
und erzeugten mit ihren vielen Beteiligten ein Gefühl der
Identität und Zusammengehörigkeit.58 Dies war im benachbarten
Wolfach nicht anders, nur mit katholischem Vorzeichen,
wo eine Tradition „geistlicher" Schauspiele bestand: Am Ostermontag
1595 spielten die Söhne der Bürger den „Verlorenen
Sohn", ein Jahr später wurde „das Spihl Holpherni gehalten",
1600 „ain Comedi und Tragedi vom Undergang Sodoma und
Ghomrra, item vom Ritter Galmi", und zwar jeweils, bei Speis
und Trank, auf der großen Stube des Rathauses; am Karfreitag
gab es, mit städtischer Unterstützung, ein vom Pfarrer initiiertes
Passionsspiel, wie 1683 belegt ist.59 Diese „katholischen Schauspiele
" dürften die Idee, auch protestantischerseits Stücke aufzuführen
, zusätzlich beflügelt haben.

So fügen sich die frühesten in Schiltach belegten Schauspiele
in eine konfessionelle Situation, die jeweils auf Stärkung des
eigenen kirchlichen Lebens und Abwehr der Andersgläubigen
gerichtet war. Wohl sollte im frühen 17. Jahrhundert das wie
eine Halbinsel in katholische Territorien ragende Schiltach seinerseits
zu einem protestantischen „Bollwerk" gegen die angrenzenden
„Bapisten" ausgebaut werden, auch mit Hilfe dieser
Dramen, deren Funktion als „Mittel im Reformationskampf"
sich hier bestätigt - und dies in einer konfessionell-politischen
Situation, die hier bereits vor dem Übergreifen des Dreißigjährigen
Kriegs die „Züge eines Religionskriegs" annahm.60

Um die Aufführung von 1654

Als am 26. April 1654 Schultheiß, Bürgermeister, Gericht und
die ganze Gemeinde Schiltach sich wegen der Aufführung einer
„geistlichen Commedia" an Herzog Eberhard III. von Württemberg
(1628-1674) wandten, lagen die „gefährlichen und beschwerlichen
Kriegsläuf" erst sechs Jahre zurück. Sie hatten seit
1628 Durchmärsche, Kontributionen, Plünderungen und Einquartierungen
gebracht,61 dazu den Verlust der Vorräte, den
Abbruch von Häusern für Feldlager, und, je länger je öfters,
Flucht, Hunger und Seuchen. Pfarrer David Wehrlin (1635-
1643), der Sohn von Simon Peter Wehrlin, berichtet, dass die
Bauern wegen der geraubten Rösser und Ochsen und dem Mangel
an Saatgut fast nichts mehr anbauen konnten, weshalb
1635 über die Hälfte der alten und jungen Leute der Gemeinde
an Hunger gestorben sei.62 Sein Nachfolger Martinus Höschlin
(1643-1671) musste in die Wälder fliehen und „gleichsamb alß

Szene
eines geistlichen
Spiels 1652.
www.wikipedia.de


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0060