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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 97
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Heinrich Hansjakob - Chronist des Alltagslebens im Schwarzwald

eher von ihnen musste ihm sein Leben erzählen. Auf diese
Weise erfahren wir die Lebensgeschichten von zahlreichen
Vertretern der damaligen Unterschichten.32 Vor allem in seinen
Tagebuchblättern „Abendläuten" hat Hansjakob den Alltag
der unter- und außerbürgerlichen Schichten durch seine
Interviewtechnik festgehalten. Wir erleben ihre Sorgen und
Nöte aus der Perspektive des alten Mattenmüllers von Hofstetten
, der Dienstmagd Monika aus Schapbach, der Mareile, einer
alten Hausiererin aus Gutach, des Bühl-Mathis, eines Kleinbauern
und Holzhauers aus Schapbach, des Haslacher Hufschmieds
Otto Fischinger, des Kolmännles, eines armen Tagelöhners aus
Mühlenbach, des Räubers und Wegelagerers Johann Mauthe,
des jüdischen Viehhändlers Heinrich Mannheimer, des Schni-
der-Karlis, einer Tagelöhnerin aus dem Elztal, der alten Jokin,
einer Leichenansagerin, des Matte-Sepps, eines Tagelöhners
aus Schnellingen.33

„Des unbedeutendsten Menschen Leben hat für mich etwas
Anziehendes, und wenn ich mit einem Tagelöhner, mit einem
Knecht oder mit einer Magd auch nur zehn Minuten lang rede,
so pflege ich nach ihrer Heimat, ihren Eltern, nach der Zeit
ihres Dienstes zu fragen und höre der Beantwortung dieser
Fragen mit einer Aufmerksamkeit zu, als gelte es eine neue Entdeckung
zu machen auf dem unermesslichen Gebiet der
Menschheit." Mit diesem Worten beschrieb Hansjakob in seinem
Buch „Bauernblut"34 seine Vorgehensweise beim Recherchieren
der Lebensgeschichten der Unterschichten seiner
Schwarzwälder Heimat. Und in seinem Buch „Allerlei Leute
und allerlei Gedanken" betont er: „Ich habe schon oft gesagt,
dass das Leben des einfachsten Menschen interessant sei, interessanter
als manches im Fürstenschloss und im Glänze der
Welt Geborenen."35 Aus dieser Grundhaltung heraus befragte
Hansjakob immer wieder Menschen, vornehmlich aus den
unteren Schichten, und ließ sie ihr Leben erzählen. Diese Lebensbilder
hat er in seinen „Volksbüchern" und Tagebuchblättern
wieder gegeben und somit die Geschichte von unten
aufgeschrieben, also aus der Perspektive derer, die sie nicht
„machten", sondern mit erleben und mit erleiden mussten.
Wie ein „literarischer Archäologe" hat er die Spuren der Unterschichten
seiner Zeit gleichsam „ergraben", geborgen und
damit für unsere Zeit gesichert.

Indem Hansjakob die einfachen Leute, Handwerker, Arbeiter
, Tagelöhner, Bauern, Knechte, Mägde, Landstreicher, aushorchte
und ausfragte, und indem er aufschrieb, was sie selber
nie aufgeschrieben hätten, und dies in seinen Büchern der
Nachwelt überlieferte, trieb er schon etwas von dem, was man


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