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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 98
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Manfred Hildenbrand

heute „Alltagsgeschichte", „Geschichte von unten" und „Oral
History" nennt.36 Hansjakob war also ein „Pionier" dieser heute
in der Geschichtswissenschaft immer mehr verbreiteten Techniken
.

Und so sind Hansjakobs Werke eine einzigartige Fundgrube
für jeden, der sich für das bäuerliche und kleinbürgerliche Alltagsleben
im Schwarzwald in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
interessiert. Eingehend beschrieb er den Alltag der
Bauern und Kleinbürger, ihre Arbeitswelt, ihr Freizeitverhalten,
ihr Art zu denken, ihren Glauben und Aberglauben, ihr religiöses
Brauchtum, ihre Kleidung, ihre Tracht, ihre Sprache, ihren
Dialekt, ihr Wohnen und ihre Essgewohnheiten.

Wichtige Aufschlüsse erhalten wir in Hansjakobs Büchern
gerade über die Wohnverhältnisse der bäuerlichen Bevölkerung
im Schwarzwald im 19. Jahrhundert. So beschreibt und erklärt
er die verschiedenen Haustypen der Schwarzwälder Bauernhöfe
, ihre Wohn- und Schlafstuben, ihre Küchen, Trippel, Ställe
und Sondergebäude wie Leibgedinghäuser, Mühlen, Speicher,
Brunnen- und Milchhäusle, Hofkapellen, ihre großen Hausgärten
. Die Vorratshaltung und Essgewohnheiten der Bauern und
Tagelöhner werden eingehend von ihm geschildert. Wir erfahren
genaue Einzelheiten über die Sozialhierarchie der Schwarzwälder
Landbevölkerung im 19. Jahrhundert, die vom Hirtenjungen
bis zum Großbauern reichte. Die typische Schwarzwälder
Agrar- und Waldwirtschaft und längst vergessene Tätigkeiten
wie das Rüttibrennen, das Harzen und die Flößerei werden
von Hansjakob ausführlich dargestellt.

Hansjakobs besonderes Interesse galt dem schweren Leben
der Unterschichten der damaligen Gesellschaft im Schwarzwald
, den Ärmsten des Landvolkes, dem Leben der Tagelöhner
und Ortsarmen, deren Lage ökonomisch äußerst prekär war.
Die Tagelöhner bezeichnete er als „arme Teufel", die stets ums
Überleben kämpfen mussten.37 Sie waren in der Regel „Vasallen"
der Großbauern, denen sie übers Jahr zu verschiedenen Diensten
verpflichtet waren.38 Meist arbeiteten sie als Fuhrknechte,
Straßenwärter, Treiber, bei der Jagd der Großbauern, Maulwurffänger
oder Arbeiter beim Holzfällen, beim Riesen, Flößen oder
im Sägwerk. Einige Tagelöhner hatten ein kleines Gütchen, auf
dem sie Kartoffel und Getreide anbauten. Ihr Haus glich oft
einer Hütte.39 Viele Tagelöhner waren so arm, „dass der Hunger
Koch bei ihnen war"40. Je mehr Tagelöhner in einem Dorf lebten
, desto mehr war es vom Pauperismus bedroht.

Immer wieder befasste sich Hansjakob mit dem „Lumpenproletariat
" der Wanderarbeiter. Sie waren heimatlos und die
ärmsten Tagelöhner. Er nannte sie „Stromer". Sie „stromerten"


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