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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 124
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1 24 Hansgeorg Schmidt-Bergmann

Das blutige Ende des demokratischen Aufbegehrens führte den
inzwischen mit „summa cum laude" zum Dr. jur. promovierten
Rechtspraktikanten Scheffel zu einer resignativen Haltung, die
sich außerhalb der nachrevolutionären Gesellschaft anzusiedeln
versuchte. So berichtet er am 24. November 1849 an den
Freund Friedrich Eggers:

Der politische Bankerott von Deutschland zehrt an mir, jeder Tag
bringt mir vergangene Hoffnungen und gegenwärtigen Jammer
neu vor Augen, der Staatsdienst in seiner gegenwärtigen Bedeutung
ekelt mich an; für die Kunst hin ich zu alt, von der Wissenschaft
halt ich nicht mehr viel, es kommt mir immer mehr vor, als
wenn die Anarchie im Reich der Geister uns unserer allmählichen
Auflösung entgegenführte [...].10

Scheffels Versuch der Aufarbeitung gescheiterter Hoffnungen
hat sich in seine literarischen Texte eingeschrieben, und das gilt
nicht für ihn allein. Die Generation der um 1820 Geborenen, zu
ihnen gehören beispielsweise von den bekannteren die Dichter
Conrad Ferdinand Meyer, Gustav Freytag und der etwas jüngere
Felix Dahn, mussten ihre Revolutionserfahrungen noch jung
verarbeiten. Gemeinsam ist ihnen eine Fluchtbewegung, die
sich von der erfahrenen gesellschaftlichen Realität abzuwenden
und in der Kunst einzurichten versucht. Dies hat beispielsweise
Theodor Fontane in einem Brief aus dem November 1849 als
ein fast trotziges Programm des beginnenden „bürgerlichen
Realismus" für sich in Anspruch genommen:

Was auch die Zukunft bringen mag; neue Wurzeln für den Thron
oder seinen Untergang; ob die Losung hinfort heißen möge Reform
oder Revolution - der Gedanke der Treiheit[,] einmal in die Welt
geschleudert, ist nicht mehr auszurotten, [...]. Wir sind nicht alle
gleich in dem, was das Herz begehrt; und die Treiheit und Unabhängigkeit
, die der Eine draußen in der Welt sucht, findet der
Andere in dem Treistaat der Kunst und Wissenschaft. Ich liebe die
deutsche Kunst Das ist mein eigentliches Vaterland, und es aufgeben
, sie aufgeben, hieße mich selbst aufgeben. Jeder zieht seines
Weges, - ich den meinen.11

Diese Zitate aus dem revolutionären Sturm jähr sollen deutlich
machen, dass Scheffels folgende literarische Werke als eine
Konsequenz der traumatisch verarbeiteten Revolutionserfahrung
von 1848 zu verstehen sind. Er gehört damit in ein historisch
-politisches Umfeld, das man mit Georg Lukäcs, dem
Verfasser der folgenreichen Theorie des Romans, begrifflich als


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