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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 157
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0158
Schloß Ortenau" von Otto Flake *| 57

„Beschweigen" und Hinwendung zur Kultur

Im weitgehenden Schweigen über die NS-Zeit zeigt sich Flakes
Roman als ein literarisches Werk, das wohl den Haltungen und
Verhaltensweisen des größten Teils seiner Leserschaft nahe war.
Die nationalsozialistische Zeit war in den Jahre bis 1955 kaum
ein Objekt der Erinnerung. Ein öffentlicher Diskurs über diese
Zeit, über die Verbrechen, die in ihr verübt wurden, und über
Schuld unterblieb weitgehend; die Formulierung einer „geschlossenen
Verweigerungsfront"50 fasst dies zusammen. Selbst
die Verfolgten und die Ermordeten kamen kaum in den Blick,
eher die, die an den Auswirkungen der Niederlage zu leiden
hatten.51 In dieser „Phase des Beschweigens"52 scheint der
Archivar und Professor Ewald Sparre keine Ausnahme gewesen
zu sein, weder unter den Historikern noch der Bevölkerung
insgesamt.

An welchem Ort steht denn nun, wenn nicht im Raum von
Politik und Geschichte, das Schloss Ortenau? Ewald Sparre wird
in seinem Turm zum Autor, der Fragen der Religion und Konfessionen
, den Zwiespalt zwischen „Forschen und Glauben"
behandelt. Ein weiterer Mitbewohner des Schlosses, ein Gynäkologe
, verfasst ein Buch über „die Themen Eros, Ehe, Frau",
ein anderer, ein Musikwissenschaftler, eine Biographie über
Robert Schumann.53 Ewald Sparres Idee „seines" Schlosses
knüpft außerdem an den Brauch an, den der Freiherr für die
Winterzeit eingeführt hat: „Leseabende", Abende, an denen
Autoren auf verschiedene Weise, auch mit der Lesung von Auszügen
aus ihren Texten, vorgestellt werden.54

Daraus entwickelt Sparre, unterstützt von der Tochter des
Freiherrn, die Idee, „Sommerkurse" auf Schloss Ortenau einzurichten
und Besucher aus der Umgebung zu gewinnen.55 Er
selbst und die anderen Autoren des Schlosses sind die Vortragenden
, die sich Fragen der Literatur, der Medizin, der Sexualität
und der Musik widmen.56 Dazu kommt die Arbeit an den
„Schloßbeiträgen", die zu einer Zeitschrift werden; ihre wichtigsten
Beiträger sind die „Ortenauer Autoren".57 „Es schien, als
wolle Schloß Ortenau eine Stätte der fruchtbaren Erörterungen
werden", glaubt Sparre im Jahr 1952, ein Ort also, an dem wichtige
Fragen der Zeit diskutiert werden. Doch es kommt das Aus:
Der Verleger aus Baden-Baden, der die Sommerkurse organisiert
und die „Schloßbeiträge" herausgibt, muss seinen Verlag verkaufen
, denn „das Publikum verlange mehr und mehr das Exotische
, das Grelle, das Kurzfristige, die Sensation". - Der neue
Besitzer des Verlages stoppt die Unterstützung der Sommerkurse
und der „Schloßbeiträge".58


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