Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 162
(PDF, 86 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0163
162

Günther Mohr

Utopie, bleibt unangetastet, im Gegensatz zur Utopie des kulturellen
Zentrums, das sich auflöst.

„Schloß Ortenau" - eine skeptische Hinwendung
zur Gegenwart?

Flake ist nicht frei von Ironie gegenüber dem Konzept eines
„Kulturzentrums" im ländlichen mittelbadischen „Goldenen
Land". Trotzdem lässt er seinen Helden Sparre den Weg zu ihm
einschlagen. Die Utopie scheitert, am Mangel an Geld, aus der
Sicht Sparres und wohl auch Flakes an der Neigung zur Triviali-
sierung des Lebens, am Materialismus, an der „Amerikanisierung
" der Bundesrepublik.

Diese Entwicklungen sieht Sparre skeptisch, aber auch die
fehlende Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen
Zeit. Als 1955 die Bundesrepublik die Souveränität erhalten
sollte, wendet sich Sparre der unmittelbaren Gegenwart so zu:

„Ich konnte unter Deutschen sagen: Ihr hattet rechtzeitig an die
zerstörten Städte, die Millionen Toter, die Flüchtlinge denken
sollen, für das alles seid ihr selbst verantwortlich; nicht aber
konnte ich den Überlebenden erklären: Seid zufrieden, daß man
euch atmen und Geld verdienen läßt, die Freiheit und die Mündigkeit
habt ihr verspielt "82

Als Wichtigstes sieht Sparre, wie viele Deutschen zu dieser Zeit,
die Chance zu mehr Souveränität zu kommen, zu „Freiheit und
Mündigkeit". In seiner Äußerung ist jedoch auch die Möglichkeit
eingeschlossen, die Deutschen an ihre Verantwortung für
die NS-Zeit zu erinnern, allerdings ohne direkten Bezug zu den
NS-Verbrechen.

Hier deutet sich an, wie nahe Sparre vielen in der Zurückhaltung
ist, diese Verbrechen zu benennen. Andererseits sieht er
zumindest die Möglichkeit, die Deutschen mit der Vergangenheit
und der Frage nach der Verantwortung zu konfrontieren.
Darin stehen er und der Autor Flake an der Spitze der kulturellen
Prozesse in der frühen Bundesrepublik: Bald nach der Veröffentlichung
seines Romans 1955 setzten in der Bundesrepublik
Veränderungen ein, die die „Verweigerungsfront" gegen die
Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Deutschland
zu durchbrechen begannen.83

Trotz seiner skeptischen Distanz lebt Sparre auch im dritten
Teil des Romans, in der Zeit nach dem Tod von Sabine, der
Welt und den Menschen zugewandt. Er genießt einfache und
festliche Mahlzeiten mit regionalen Produkten in der Gesell-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0163