Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 210
(PDF, 86 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0211
210

Ralf Bernd Herden

„Sein keckes Judengesicht schob sich mit gemachter Ängstlichkeit
durch den Türspalt "49

Das Bild des hilfsbereiten, freundlichen oder liebenswerten Juden
sucht man hingegen vergebens.

Die antisemitische Darstellung ist jedoch für den eigentlichen
Inhalt und Zweck des Werkes völlig unnötig. Gleiche
Handlungen hätte auch jeder Nichtjude begehen können. Auch
dramatisch sind diese Entgleisungen nicht erforderlich. Hatte
Irma Goeringer persönlich unangenehme Erfahrungen mit
einem Juden gemacht und diese unfairerweise auf alle Juden
übertragen?

Die Reaktion der Familie

Die Freude der Familie über den Schlüsselroman „Schlingpflan-
zen" hielt sich begreiflicherweise sehr in Grenzen. Ob dabei die
angesprochene Thematik der Homosexualität ausschlaggebend
war, kann aber durchaus bezweifelt werden.

Vater Otto Goeringer wird sich vor allem darüber entsetzt
haben, dass der negativ dargestellte Hauptprotagonist „Joseph
Waldeck" hieß. In Freudenstadt hatte der 1841 als Sohn des
Schuhmachers Andreas Braun geborene Bierbrauer Wilhelm
Braun 1891 das Hotel „Waldeck" erbaut. Die Witwe veräußerte
das Haus nach seinem Tode (1895) im Jahre 1898/99 an Carl
Luz (Stammhaus Hotel „Post").50 Die Hotelierskollegen genossen
in Freudenstadt höchstes Ansehen, weshalb dem Vater
diese Parallele sicher höchst unangenehm war. Dass die Tochter
eine Beziehung zu diesem Hotel herstellen wollte, ist aber
wohl eher unwahrscheinlich. Vielmehr ist anzunehmen, dass
sie den - aus ihrer Sicht jüdischen Namen - im Hinblick auf
Begegnungen im Hessischen - wo dieser Name nicht nur als
Ortsnamen vorkommt - gewählt hat. Letztendlich geschadet
hat die Namenswahl wohl doch nicht, denn Carl Luz inserierte
1912 für sein Hotel Waldeck im Fremdenblatt von Bad
Rippoldsau.51

Dem Vater ist aber ganz sicher der Antisemitismus übel aufgestoßen
. Wie sollte er seinem Aufsichtsrat der 1908 gegründeten
„Goeringers Mineral- und Moorbad Rippoldsau Bad Aktiengesellschaft
", Dr. Isidor Rosenfeld52 aus Mannheim, der mit
hoher Wahrscheinlichkeit Jude war, die antisemitischen Entgleisungen
der Tochter erklären? Man hatte übrigens auch jüdische
Teilhaber in der neu gegründeten Aktiengesellschaft. Und
schließlich hatte man auch jüdische Gäste, die man als zah-


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0211