Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 250
(PDF, 86 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0251
250 Stefan Woltersdorff

1. Die „Schweitzer"-Jahre - Meudon/Pfaffenhoffen 1907-1917

Die erste Ortserkundung führt ins linksrheinische Hanauerland
, genauer gesagt: nach Pfaffenhoffen. Eine ehemalige Simultankirche
(1685-1885 von Protestanten und Katholiken
gemeinsam genutzt) und eine der ältesten Synagogen des Elsass
(1791) zeugen von einer langen Tradition der religiösen und
kulturellen Toleranz. Auch in literarischer Hinsicht ist Pfaffenhoffen
kein „unbeschriebenes Blatt": Von 1785 bis zu seinem
Tode wirkte hier Gottfried Johann Schaller (1762-1831), der als
Ortspfarrer die Französische Revolution und die Napoleonischen
Kriege miterlebte. Neben seiner Tätigkeit als Seelsorger
verfasste er Schriften in deutscher, französischer und lateinischer
Sprache, in denen er sich kritisch mit seiner Zeit auseinandersetzte
.

Seit dem 19. Jahrhundert ist Pfaffenhoffen auch die Stadt der
Familie Schweitzer. Im 17. Jahrhundert vermutlich aus Hessen
ins Elsass eingewandert, lebte sie hier als angesehene protestantische
Lehrerfamilie (1875-86 war Philippe-Chretien Schweitzer
sogar Ortsbürgermeister). 1870 riss der französisch-preußische
Krieg die Familie in zwei Teile: Philippe-Chretien und sein Sohn
Louis (später Pastor in Gunsbach und Vater des „Urwalddoktors
" Albert Schweitzer) blieben im vom neu geschaffenen
Deutschen Reich annektierten Elsass und wurden damit deutsche
Staatsbürger. Sein ältester Sohn Auguste und sein jüngster
Sohn Charles (genannt „Karl") zogen über die Vogesen nach
Frankreich, verließen also ihre Heimat, blieben aber dadurch
Franzosen. Auguste wurde Geschäftsmann, Charles, der, wie
Sartre berichtet, erst mühsam Französisch lernen musste,
Deutschlehrer. In Mäcon, seinem ersten Wohnort, heiratete er
Louise Guellemin, eine Katholikin. Gemeinsam hatten sie zwei
Söhne und zwei Töchter, die alle katholisch getauft wurden
und erst in Lyon, dann in Meudon bei Paris aufwuchsen. 1904
heiratete Anne-Marie (genannt „You"), die jüngste Tochter von
Charles und Louise, einen Marine-Arzt aus Südwestfrankreich
namens Jean-Baptiste Sartre, dem sie nach Paris folgte. Doch
der junge Ehemann starb bereits 1906, nur 15 Monate nach der
Geburt seines ersten Sohnes Jean Paul (genannt „Petit-Paul",
„Merveille" oder „Poutou"). In seiner Autobiographie Les mots
sprach Sartre später davon, er sei quasi „im Galopp" gezeugt
worden.

Die erst 24-jährige Witwe kehrte ins Haus ihrer Eltern nach
Meudon (ab 1911: Paris) zurück, wo sie jedoch nicht mehr
als Mutter, sondern von ihren Eltern als „Kind" (sie wohnte
mit ihrem Sohn im „Kinderzimmer") und von Jean-Paul als


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2013/0251