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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 253
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Jean-Paul Sartre und das Elsass O C Q

der Atlantikküste. Vom patriotischen Taumel angesteckt, ver-
fasste Charles Schweitzer dort ein kleines Theaterstück über die
ersehnte „Befreiung" des Elsass. Sartre durfte bei der anschließenden
Aufführung die Rolle eines jungen Elsässers übernehmen
, der vor den Deutschen über die Vogesen nach Frankreich
flieht. Dort erwartet ihn bereits sein Vater (gespielt von Sartres
Großvater). Das Elsass blieb somit auch im Südwesten Frankreichs
emotional präsent.

Im Oktober 1914 (angesichts des drohenden deutschen Vormarsches
auf Paris hielt sich die Familie noch immer am Atlantik
auf) machte sich Sartre daran, selbst ein Stück „blau-weißroter
" Literatur zu verfassen: So entstand die Geschichte vom
Soldaten Perrin, der den deutschen Kaiser zunächst entführt,
dann im ritterlichen Zweikampf besiegt und so gleichzeitig den
Frieden und die Herausgabe von Elsass-Lothringen erzwingt.
Nicht ohne Selbstironie berichtete Sartre später in Les mots von
diesem Ausrutscher ins „Mantel-und-Degen"-Genre.

1917 heiratete Sartres Mutter erneut und folgte ihrem
neuen Mann Joseph Mancy zusammen mit ihrem Sohn in die
französische „Provinz" nach La Rochelle. Damit endeten für
Sartre die „Schweitzer"-Jahre, doch die Verbindungen nach
Paris und ins Elsass rissen dennoch nicht ab: Schon bald nach
Kriegsende kehrte er in die Hauptstadt zurück, um dort das
Gymnasium und ab 1924 die „Ecole Normale Superieure" zu
besuchen, eine renommierte Hochschule zur Ausbildung des
französischen Lehrernachwuchses. Ebenfalls bald nach Frie-
densschluss besuchte er das wieder französisch gewordene
Pfaffenhoffen (nun wieder mit zwei F geschrieben). Statt für
Bonbons interessierte sich der junge Mann diesmal allerdings
verstärkt für seine beiden Kusinen Mathilde und Anna. Freilich
scheinen Sartres erotische Erwartungen ebenso unerfüllt geblieben
zu sein wie die Hoffnung der beiden jungen Damen,
dem „Innerfranzosen" einige Brocken Elsässisch beibringen zu
können. Immerhin scheinen die Worte „Pippele" (Püppchen)
und „Rippele" (Rippchen) hängen geblieben zu sein.

Ein letztes Mal sah Sartre den Ort seiner Kindheit am
22. Dezember 1939: Aus Morsbronn-les-Bains, wo er als französischer
Soldat stationiert war (s. Kap. 4), fuhr er mit dem Lastwagen
über Haguenau hierher, um Wasserstoffflaschen für seine
Wetter-Ballons zu besorgen. Am gleichen Abend schrieb er an
seine Lebensgefährtin Simone de Beauvoir (genannt „Castor"):

Heute habe ich die Pilgerfahrt gemacht Punkt sieben Uhr dreißig
bin ich mit einem Lastwagen ein paar Kilometer weit gefahren,
um Wasserstoffflaschen zu holen (...). Die Mission hat fast allein


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