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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 254
(PDF, 86 MB)
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254 Stefan Woltersdorff

in Trinken bestanden. Wir kamen an, luden Wasser Stoffflaschen
auf und dann gingen wir in ein kleines Cafe, wo gerade ein Meteorologe
saß, der am selben Abend auf Urlaub fuhr. Er zahlte
eine Runde Schnaps, dann ich, dann die Ordonnanz, die mir half,
die Flaschen zu tragen, dann der Fahrer und wieder der Meteorologe
und schließlich ich (...). Danach irrte ich auf der Suche nach
meinen Erinnerungen durch die Stadt. Vergeblich (...). Und dann
ging ich wieder zurück ins Cafe; der Fahrer zahlte eine Runde
Schnaps - und dann Grener und dann ich, und gegen Mittag kehrten
wir „in unser Hotel" zurück. Eine mißglückte Pilgerfahrt, aber
ein reizender kleiner Vormittag...

(Sartre: Briefe, S. 521f.)

Diese „Pilgerfahrt" sollte noch lange nachwirken: Nach dem
Krieg setzte sich Sartre intensiv mit den Orten seiner Kindheit
und den damit verbundenen Erlebnissen auseinander. Das
Ergebnis war ein autobiographischer Roman, den er erstmals
1954 unter dem Titel Jean sans terre (Johann ohne Land) veröffentlichte
. Zehn Jahre später erschien unter dem neuen Titel Les
mots (Die Wörter) eine zweite Fassung. Die Familie Schweitzer
reagierte darauf mit Empörung, die literarische Öffentlichkeit
hingegen mit Begeisterung. Und tatsächlich ist Les mots wohl
eines der besten Bücher Sartres, mit dem er das Genre der Autobiographie
wesentlich erneuert hat. Am 22. Oktober 1954
wurde ihm dafür sogar der Literaturnobelpreis angeboten, den
er jedoch auf spektakuläre Weise ablehnte.

2. Die Rückkehr - Marmoutier September/Oktober 1939

Marmoutier geht auf ein im 8. Jahrhundert gegründetes Kloster
zurück, um das herum eine blühende Ortschaft entstand. Wie
Pfaffenhoffen hat auch diese ihren „Hausdichter": Von 1545 bis
zu seinem Tod lebte hier der Straßburger Humanist Jakob Frey
(1520-1562) als Stadtschreiber. Mit seinen in elsässischer
Mundart verfassten Schwänken wollte er die Bürger seiner Stadt
von der Melancholie befreien, eine nicht ganz unbegründete
Maßnahme: Mit den Bauernkriegen setzte noch zu Freys Lebzeiten
eine Phase des Niedergangs ein.

Im Herbst 1939 führte ein anderer Krieg den Philosophielehrer
Jean-Paul Sartre hierher. Nach dem erfolgreichen Abschluss
seines Studium hatte er von 1931 bis 1936 zunächst in Le
Havre, dann in Laon und ab 1937 in Paris unterrichtet. Doch es
blieben ihm kaum zwei Jahre in seiner geliebten Stadt: Nach
Hitlers Überfall auf Polen erklärten England und Frankreich
Deutschland den Krieg. Und auch Sartre, der 1929/31 in Tours


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