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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
93. Jahresband.2013
Seite: 256
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256 Stefan Woltersdorff

in Pfaffenhofen) Gasflaschen zu besorgen. Von einem Ausflug
dorthin am 14. September berichtete Sartre noch am gleichen
Abend Simone de Beauvoir:

Ich war heute morgen „in der Stadt', um hei den Meteorologen
eine Wasserstoffflasche zu erbitten. Ein reizendes altes Städtchen,
durch das zugehen in anderen Zeiten lustig wäre, mit Kneipen im
deutschen Stil und Häusern mit steilen Dächern. Die Kaserne ist
aus rosa Sandstein wie die Kirche des Dorfes, in dem wir wohnen.
Wir, der Gefreite Paul und ich, sind im Lastwagen hingefahren;
ich saß hinten im Lastwagen, Pfeife im Mund, Helm auf dem
Kopf, bei jedem Stoß hüpfend. Wir haben die schwere Wasserstoffflasche
bis zum Lastwagen geschleppt und dann, bevor wir
zurückkehrten, unsere Einkäufe gemacht. Tabak, Tabaksbeutel,
Bonbons für die Tochter unserer Wirtin, Zeitungen. In einer dieser
Kneipen haben wir etwas getrunken: rohe Holztische, Zwischenwände
aus rohem Holz bis zur halben Höhe, niedrige, gewölbte
Fenster. Dann sind wir zurückgefahren.

(Sartre: Briefe, S. 309)

Die von Sartre erwähnte „Kaserne" ist das Zaberner Schloss, die
„Wirtin" hieß Madame Gross. Zwei Wochen wohnte er bei ihr,
zusammen mit seinen Kameraden, dann nahm er sich ein
Hotelzimmer in Bahnhofsnähe. Auch an seinen anderen Einsatzorten
in Brumath und Morsbronn-les-Bains sollte er an
diesem etwas „exklusiven" Lebensstil festhalten: Stets „organisierte
" er sich ein eigenes Zimmer, in dem er in Ruhe lesen und
schreiben konnte. Seine Lektüre ließ er sich von Simone de
Beauvoir schicken: französische, aber auch deutsche Literatur
(die er teilweise in der Originalsprache las).

Doch Sartre wurde im Elsass nicht nur von Lese-, sondern
auch von Schreibwut befallen: Er arbeitete an seinem Roman
Vage de raison (eine Abrechnung mit seiner eigenen Vorkriegsexistenz
) und machte sich erste Notizen zu seinem philosophischen
Hauptwerk Vetre et le neant (eine Auseinandersetzung mit
den drei großen Hs der deutschen Philosophie: Hegel, Husserl
und Heidegger). Außerdem schrieb er täglich mehrere Briefe an
Simone de Beauvoir und seine diversen „Nebenfrauen". Simone
revanchierte sich mit Briefen an ihren „doux petit" (süßen Kleinen
) - Sartre war recht klein von Statur - in denen sie offen von
ihrem Pariser Leben und ihren diversen Liebschaften (mit Männern
und Frauen) berichtete.

Und schließlich führte Sartre auch noch zum ersten Mal in
seinem Leben Tagebuch. 15 Hefte waren es am Ende. Sie enthalten
Vorarbeiten zu seiner Erzählung La mort dans Väme, zu dem


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