Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
94. Jahresband.2014
Seite: 363
(PDF, 98 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau2014/0364
„Wenn ich mich nicht jetzt melde, dann ist der Krieg vorbei, ohne dass ich dabei war"

ein Pferd mit einem zerschossenen Fuß steht reglos, weil es auf
drei Beinen sich nicht mehr bewegen kann. Etwa 50 m vor uns
links und rechts der Straße finden wir im Graben die Patronenhülsen
der Russen. Die Krankenträger der Zweiten müssen unsere
Toten begraben, darunter jenen Schorsch, dem sie auf der
Fahrt nach Ostpreußen geraten hatten: „Schorsch, blieb do!".
Wir legen unsere Tornister zusammen und tragen die toten Kameraden
zusammen. Mittlerweile hat die Infanterie den Weitermarsch
in Richtung Suwalki angetreten. Als ich meinen Tornister
suche, muss ich feststellen, dass er bis auf eine von ostpreußischen
Mäusen zerfressene Unterhose geleert ist. Vielleicht hat
einer den Tornister für den eines Toten gehalten.

Tote sind im gefrorenen Boden kaum zu begraben;
sie bekommen Kreuze aus Zaunlatten

Das Begraben wurde eine schwierige Angelegenheit. Der
Boden, ein von runden Kissen durchsetzter, feuchter Sandboden
, war tief gefroren und hart wie Beton. Sogar unsere schweren
Pickel vermochten fast nichts auszurichten. An den Händen
gibt es Blasen, ich bin kraftlos, von Durchfall und Hunger
geschwächt. Unser famoser Unteroffizier Dornheim bringt es
fertig, eine Büchse Fleisch vor unseren Augen allein aufzuessen
. Kein Mensch außer ihm hat noch etwas zu essen.

Wir haben die Gräber ausgehoben. Nicht sehr tief. Drüben
bei den Häusern holen wir ein paar Zaunlatten. Sie klopfen wir
zu Kreuzen zusammen. Mit Tintenschreibern schreiben wir
mühsam die Namen unserer toten Kameraden und das Datum ihres
Todes darauf. Still beten wir ein Vaterunser. Und nun will unser
Dornheim weiter. Nun mucken wir auf. Der Kerl hat den ganzen
Tag nichts getan, hat sich gestärkt und spielt jetzt den starken
Mann. Wir stellen ihm frei, alleine zu gehen. Aber dazu fehlt
ihm doch der nötige Schneid. Wohl oder übel muss er nun mit
uns kommen. Und wir suchen nun in den paar Panjehäuschen
drüben über der Straße nach einem Unterkommen. Das haben
wir sehr rasch gefunden, und nun kommt der zweite Teil: wir
müssen etwas zu futtern finden und uns dann wärmen und
schlafen. Auch das hat noch geklappt. In einem Nachbarhaus
haben wir Kartoffeln bekommen: Mithilfe von geschmolzenem
Schnee sieden wir die Kartoffeln. Der mit Torf geheizte
Ofen gab uns die ersehnte Wärme. Von unserem Dornheim
nahmen wir kaum Notiz. Die Nacht verlief ohne Zwischenfall.
Ein paar kalte gekochte Kartoffeln wurden in den Brotbeutel
gesteckt, und nun rücken wir in Richtung Suwalki nach. Entlang
der Straße rückte Artillerie und Nachschub vor. Wir hei-


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